Sumô

Geschichte und Symbole des japanischen Ringkampfs

Sumô

Sumô. Das Bild dieser dicken, nur mit um den Bauch geschlungenem Band bekleideten Japaner, die aufeinander prallen und deren Kampf bereits nach wenigen Sekunden beendet ist, das hat wohl jeder vor Augen. Aber was es genau mit dieser alten typisch japanischen Sportart auf sich hat, wissen wahrscheinlich nur wenige.

Geschichte des Sumô

Bereits im „Kojiki“ (712 n. Chr.), dem ältesten überlieferten japanischen Geschichtswerk, wird erzählt, dass die Götter Sumô-Kämpfe bestritten, um das Land Izumo zu beherrschen. Auch im „Nihongi“, einer Chronik aus dem Jahre 720 n. Chr., wird ein solcher Götterkampf aus der Zeit des Kaisers Suinin (29. v. Chr. – 70 n. Chr.) beschrieben. Diese beiden Berichte sind den Sagen und Legenden zuzuordnen, trotzdem muss diese Wettkampfart bereits im achten Jahrhundert bekannt gewesen sein.

Die Ursprünge des Sumô sind im religiösen Bereich zu suchen. Die ersten Wettkämpfe waren Bestandteil shintôistischer Zeremonien, mit denen man um eine reiche Ernte bat. Sie waren verbunden mit heiligen Tänzen und Dramen. Doch bereits während der Nara-Zeit (710-794) wurden sie am kaiserlichen Hof eingeführt und dienten dort der Belustigung. Zur Zeit des Kaisers Shomu (724-749 n. Chr.) wurden ein jährliches Sumô-Turnier zu einem festen Bestandteil der Hofzeremonien. Im 12. Jahrhundert, als die politische Macht bei den Shôgunen und Samurai lag, wurden die Turniere abgeschafft. Die Krieger förderten den Sumô-Sport jedoch weiterhin als Kriegskunst.

Die geistige Grundlage des Sumô ist der bushi-dô, Weg der Krieger. Der bushi-dô impliziert noch heute noch für viele Japaner moralische, ethische und sittliche Verhaltensgrundsätze wie Beispiel Höflichkeit, Liebe und Großmut, Mitleid, Wahrheit und Treue, Mut, Ehre, aber auch Dulden, Ertragen und Selbstbeherrschung. Dazu gehörte ebenso die absolute Loyalität gegenüber dem Lehnherrn, für den die Samurai/ bushi auch ihr Leben ließen. Das Verhältnis zwischen dem väterlichen Sumô-Meister und seinem Schüler entspricht in etwa dem Verhältnis zwischen Krieger und Lehnsherr. Die drei Schlüsselelemente des Sumô sind zusammengefasst in dem Begriff shingitai – shin steht für Geist, Herz, gi für Kunst und Technik, tai beschreibt die Statur und physischen Voraussetzungen des Ringers.

Während der Muromachi-Zeit (1336-1573) veranstalteten auch Tempel und Schreine Sumô-Wettkämpfe. Diese dienten jedoch ganz prosaischen Zwecken, das eingenommene Geld wurde zum Beispiel für den Bau neuer Tempel verwandt. Gegen Ende dieser Zeit wurden diese Wettkämpfe immer professioneller. 1623 wurden die ersten Sumô-Turniere (basho) mit BerufsSumôkämpfern ausgerichtet. Es entstanden erste unabhängige Sumô-Verbände, die Turniere ausrichteten. Tôkyô entwickelte sich hier zu einem Zentrum des Sumô-Sports. Um den Sport weniger rau zu gestalten, wurde ein Regelsystem erarbeitet. Gegen Ende der Tokugawa-Zeit (1603-1867) wurden die besten sumôtori sogar in den Samurai-Stand ernannt.

Zu Beginn der Meiji-Restoration (Meiji-Zeit 1868-1912), als man feudale Überbleibsel abschaffen wollte, wurde auch der Sumô-Sport angegriffen. Trotzdem wurde 1885 in Anwesenheit des Kaisers Meiji eine große Sumô-Veranstaltung ausgerichtet.

Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde das erste offizielle Turnier in der Art veranstaltet, wie es heute bekannt ist. Damals fand das Turnier nur einmal im Jahr statt und dauerte fünf Tage.
Heutzutage gibt es jährlich sechs 15-tägige Turniere, die für alle professionellen Sumôtori verpflichtend sind.

Name
Hatsu-Basho
Haru-Basho
Natsu-Basho
Nagoya-Basho
Aki-Basho
Kyûshû-Basho
Termin
im Januar
im März
im Mai
im Juli
im September
im November
Ort
Tôkyô
Ôsaka
Tôkyô
Nagoya
Tôkyô
Fukuoka

Symbole und Zeremonien

Den ursprünglich religiösen Charakter des Sumô, der hier exemplarisch beschrieben wird, kann man noch heute an der Ausstattung des Kampfplatzes erkennen. Über dem Kampfplatz (dohyô), hängt ein Dach in Form eines Shintô-Schreins, es soll die Aufrichtigkeit der Kämpfer demonstrieren. Der dohyô ist ein quadratischer Raum (30 qm, 61 cm hoch) mit einem Ring aus Reissäcken (4,57 m Durchmesser). Er hat ebenfalls Symbolcharakter: Die viereckige Begrenzung stellt das Weltall dar, der innere Kreis unsere Welt. Die dicken, farbigen Kordeln, die an den Dachecken befestigt sind, entsprechen den Himmelsrichtungen und Jahreszeiten. So steht die schwarze Kordel im Norden für den Winter, blau im Osten für den Frühling. Die rote hängt im Süden und versinnbildlicht den Sommer, weiß im Westen den Herbst.

Im Sumô haben bis heute nur für diesen Sport typische Rituale überlebt. Am Tag vor Wettkampfbeginn betreten die Ringer der verschiedenen Hauptgruppen entsprechend ihrem Rang mit der Zeremonie des dohyô-iri den Kampfplatz. Dabei tragen sie keshô-mawashi (zeremonieller Schurz) aus Seide, bestickt mit farbenreichen Mustern. Die Hauptrolle dabei spielen die yokozuna: Nachdem er in die Hände geklatscht hat, um die Aufmerksamkeit der Götter zu erlangen, breitet er seinen Arme aus und seine Hände dreht und zeigt damit, dass er keine Waffen trägt. Danach hebt er erst das eine, dann das andere Bein, setzt sie wieder mit einem Stampfen auf, um damit alles Böse vom dohyô zu vertreiben. Dann folgt der nächste yokozuna.

Ein wichtiger Bestandteil sind die Reinigungsrituale shikiri-naoshi, die jeder Ringer vor dem eigentlichen Kampf vollzieht. Dazu gehört das Verstreuen von Salz. Salz ist ein Symbol der Reinlichkeit, von dem man sagt, es habe die Kraft, böse Geister zu verjagen. Der Mund wird mit Wasser ausgespült und die Achseln vom Schweiß gereinigt. Danach gehen beide Ringer in die Mitte, hocken sich breitbeinig gegenüber und beobachten den Gegner. Hintergrund des Ganzen ist, herauszubekommen, welche Techniken der Gegner planen könnte oder den anderen zu täuschen. Außerdem können sich die Kämpfer dabei auch aufwärmen. Und sie versuchen, sich aufeinander einzustellen: sie harmonisieren ihre Bewegungen, kommen zu einer synchronen Atmung.

Jeder Wettkampftag wird mit dem „Bogentanz“ beendet (yumitori-shiki). Ein Ringer aus der dritten Hauptgruppe betritt den Ring, bekommt vom Schiedsrichter einen Bogen und vollführt den Tanz, indem er den Bogen herumwirbelt. Diese Zeremonie stammt aus dem 16. Jahrhundert, als ein Gewinner einen Bogen als Preis bekam und seine Zufriedenheit mit dem Bogentanz ausdrückte.

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