Kernelement der Tee-Kunst ist die Tee-Zusammenkunft, zu der der Tee-Meister mehrere Gäste – in der Regel fünf, manchmal aber auch nur drei – einlädt. Bei dieser Zusammenkunft bereitet der gastgebende Meister in einem besonderen Tee-Raum oder sogar in einer Tee-Hütte für seine Gäste den Tee, den diese einer nach dem anderen trinken. Desweiteren werden die Gäste mit kleinen Süßigkeiten und einem bescheidenen Tee-Mahl bewirtet. Die Beteiligten folgen dabei genau festgelegten Verhaltensrichtlinien, die schon bei der Einladung der Gäste einsetzen und einen Tag nach der Zusammenkunft durch den Dank beim Gastgeber ihr Ende finden.
Diese Formalisierung geht soweit, dass jede zum Tee-Zubereiten nötige Handlung des Meisters lange geübt werden muss, um perfekt beherrscht werden zu können. Genau an diesem Punkt beginnt die eigentliche Kunst, deren Ziel die innere Vervollkommnung mit Hilfe äusserer Tätigkeiten, dem „Im-Leben-Stehen“, und ihrer Übung ist. Um diesen Punkt besser zu verstehen, ist es günstig, einen Blick auf den Einfluss des Zen-Buddhismus auf die Tee-Kunst zu werfen.
Der Zen-Buddhismus in der Tee-Kunst: Die spirituellen Verwurzelungen
Die wesentlichen Impulse erhielt die Tee-Kunst aus dem Zen-Buddhismus. Eine wesentliche Ursache hierfür liegt vor allen Dingen wohl darin, dass der Tee von Zen-Mönchen aus China eingeführt wurde und sowohl als „Aufputschmittel“ zur Unterstützung der zum Teil recht langen Meditationsübungen als auch im Ritus selbst zunehmend Gebrauch fand. Zudem durchliefen fast alle Tee-Meister eine Ausbildung im Zen als Laien oder sogar als Mönche, bevor sie sich dem Tee zuwandten.
So ist die Tee-Kunst ganz durchdrungen von den Vorstellungen des Zen, so dass bald der Begriff chazen ichimi, was soviel bedeutet wie ‚Tee und Zen in einem (Körper)‘, geprägt wurde. Diese Religiosität der Tee-Meister war, wie aus dem bisher gesagten unschwer zu erkennen ist, nicht etwa Ziel oder Folge der Beschäftigung mit der Tee-Kunst, sondern sie war einerseits schon durch die vorhergehende Ausbildung der Tee-Meister im Zen ganz natürlich als Grundlage vorhanden, und andererseits wurde sie auf diese Weise auch für diejenigen, die diese Grundlagen später so nicht mehr besaßen, als fest dazugehöriges Bestandteil dieser Kunstform etabliert. Von SEN Sôtan „einem bedeutenden späteren Tee-Meister stammt der Satz:
„Beim Tee-Trinken den Zen-Weg zum Mittelpunkt machen.“
Sein Vorfahr, SEN no Rikyû, der bedeutendste Tee-Meister überhaupt, bezeichnete die Teeguzammenkunft als eine „Buddhasphäre der Reinheit“. Die von ihm aufgestellten vier Ideale iei-wa-sei-jaku sind nichts anderes als die Grundsätze zen-klösterlicher Verhaltensregeln.
Wie im Zen, so ist auch in der Tee-Kunst das satori, auch „Nirvana“ genannt, das Ziel. Im Zen-Buddhismus ist man, im Gegensatz zu den anderen buddhistischen Schulen, davon überzeugt, dass man nicht etwa durch das langwierige Studium der Sutren oder anderer Lehrbücher allmählich zur Erleuchtung gelangt, sondern plötzlich und ohne bewusstes Anstreben der Erleuchtung. Eng mit dieser Vorstellung verbunden ist der Begriff dô, der nichts anderes als ‚Weg‘ bedeutet. Auch die Tee-Kunst stellt einen ‚Weg‘ dar; gemeint ist, dass man sich ganz dem Schulungsweg der Tee-Kunst hingibt und darüber allmählich sein Selbst aufgibt, bis man zur Erleuchtung gelangt.
Entlehnungen aus dem Zen-Buddhismus
Infolge dieser starken Verbindung der Tee-Kunst mit dem Zen kam es auch zu einer Reihe von ganz praktischen Übernahmen aus dessen Umgebung. So stammt das daisu, ein Tragegestell, dass in Tee-Zusammenkünften im Stil des Tees im Studierzimmer, shoin no cha, Verwendung fand, ursprünglich aus den Zen-Klöstern. Ebenso wurde der roji, der Tee-Garten, aus den Zen-Gärten entwickelt. Wie diese soll auch der roji der inneren Einkehr dienen und den Tee-Raum abgrenzen von der äusseren Welt. In der tokonoma, der Bildnische, wurden bevorzugt Kalligraphien von Sutren, seit Jukô auch bokuseki aufgehängt. Bei diesen bokuseki („Tuschespuren“) handelte es sich um nichts anderes als um ausdrucksstarke Kalligraphien bedeutender Zen-Meister, mit denen diese ihr innerstes Wesen ausdrückten.
Überhaupt ähnelt die Tee-Zusammenkunft in ihrer ganzen Atmosphäre den sesshin genannten Zen-Meditationsübungen, bei denen eine feste Gruppe von Mönchen sich über einen längeren Zeitraum, meistens etwa eine Woche, ganz der Meditation hingibt, dabei müssen ähnliche Gefühle der Harmonie entstanden sein, wie sie auch in der Tee-Kunst angestrebt werden. Ebenso vom Zen beeinflusst oder aus ihm entnommen ist auch die Konstruktion der Tee-Hütten des sôan no cha beziehungsweise wabicha und die Tee-Blumen, chabana. Sicherlich ließen sich noch vielmehr Adaptionen finden, doch sollte dieses hier zunächst genügen.
Entwicklung der Tee-Kunst
Die Sitte des Tee-Trinkens kam vermutlich unter dem allgemeinen chinesischen kulturellen Einfluss schon während der Nara-Zeit (710-784) nach Japan. Zunächst handelte es sich um aus China importierten sogenannten Ziegel-Tee, bei dem gedämpfte und anschließend gestampfte Tee-Blätter zu Ziegeln geformt wurden, oft unter Zugabe verschiedener Gewürze. Später wurde Tee auch in Japan angebaut. Als besonders berühmt galt dabei der Tee aus Toganoo, nordwestlich von Kyôto. Schließlich ging man zum Gebrauch von Matcha über, dabei handelte es sich um in einem Mörser zu einem feinen Pulver zerriebene, junge Triebe und Blätter der Tee-Pflanzen. Dieses Pulver wurde ohne jeden Zusatz mit heißem Wasser übergossen und mit einem speziellen Bambus-„Schnee-Besen“ schaumig geschlagen. Diese Art der Zubereitung ist auch in der heutigen Tee-Kunst noch üblich.
Die verschiedenen Stile
Während der Tee in den buddhistischen Klöstern vor allen Dingen in Ritualen, aber auch als unterstützende Erfrischung bei den langen Meditationsphasen des Zen diente, hatte er im säkularen Bereich überwiegend den Charakter eines Luxusgutes, das sich nur die vermögende Oberschicht, das heißt, der Hofadel, Teile des Landadels und die etwa im 15. Jahrhundert entstehende, wohlhabende Schicht der Stadtbewohner (machishû) leisten konnte. Desweiteren fand Tee aber auch als Heilmittel Verwendung. Dieser Nimbus des Luxus, der den Tee damals umgab, machte ihn für das Zurschaustellen des eigenen Reichtums, der eigenen Stellung und feinen Kultur besonders geeignet. Folgerichtig war das Tee-Trinken lange Zeit auch wichtiger Bestandteil repräsentativer Festlichkeiten der japanischen Oberschicht. Die seit der Kamakura-Zeit (1192-1333) aufstrebenden Schwertadligen versuchten, sich mittels besonders prächtiger Tee-Zusammenkünfte, bei denen auch wertvolle chinesische Keramik, chinesische Malerei und andere Prestigeobjekte vorgeführt wurden, in der Gesellschaft als dem Hofadel ebenbürtig zu profilieren. Diese Art der Zusammenkünfte nannte man basara no cha, was soviel bedeutet wie: „ausgefallener, in Erstaunen versetzender Tee“. Eine Spielart des basara no cha und sehr beliebt bei den mittleren bis niederen daimyô war auch der „Tee mit Bad“, rinkan no cha, bei dem es ebenfalls um Prachtentfaltung ging, dieses aber mit einem angenehmen Bad und verschiedenen feinen Mahlzeiten verbunden wurde.
Zu Zeiten des ersten der drei Begründer des Tee-Wegs, MURATA Jukô ( 1422-1502), gab es ausser den oben genannten auch den shoin no cha, den Tee im Studierzimmer, der von den hohen daimyô und dem Hofadel praktiziert wurde. Er fand tatsächlich in einem Studierzimmer statt, auch hierbei legte man Wert auf die prachtvolle Ausstattung des Raumes, der ganz in chinesischem Stil eingerichtet war. Repräsentative chinesische Bildrollen wurden aufgehängt, und der Tee wurde in wertvollen chinesischen Schalen gereicht. Jukô nun sollte, ausgehend von diesem Stil, eine Form entwickeln, die von einigen seiner Zeitgenossen als shimojimo no cha, das heißt „Tee der unteren Schichten“, bezeichnet wurde. Allgemein durchgesetzt hat sich jedoch der Begriff sôan no cha, „Tee im Stil der Einsiedlerhütte“.
MURATA Jukô- der Beginn des Tee-Wegs
Biografisches
MURATA Jukö wurde 1422 in Nara geboren und trat recht früh dem Shômyôji in Nara bei. Er entwickelte jedoch eine so große Leidenschaft für Tee-Zusammenkünfte auch sehr weltlicher, ausschweifender Art, dass man ihn schließlich aus dem Tempel hinauswurf. Damit begann eine etwa 10-jährige Wanderschaft, während der er unter anderem Aufnahme bei der reichen Kaufmannsfamilie MURATA fand, von der er auch seinen Namen erhielt. Mit 30 Jahren etwa wurde er Mönch im Nebentempel Shinjuan des berühmten Daitokuji, in dem Rinzai-Zen praktiziert wurde. Obwohl Jukô bei seinen Teezusammenkünften als erster bokuseki verwendete, vertrat er trotz allem teilweise noch sehr konservative Auffassungen. Dies zeigt sich daran, dass in seiner Anstellung als Tee-Meister des shôguns ASHIKAGA Yoshimasa, Jukô noch starken Wert darauf legte, immer korrekt, den Formalia entsprechend, gekleidet zu sein. Er symphatisierte mit dem rinkan no cha und anderen recht am Vergnügen ausgerichteten „Versionen“ des Tee-Trinkens, wobei es sich wohl um aus der Jugendzeit erhalten gebliebene Vorlieben handelte. Von den eher chinesischen geprägten Zusammenkünften hielt er hingegen nicht allzuviel, so sagte er beispielsweise einmal: „Ich meine, dass japanische Geräte wie die aus den Provinzen Ise und Bizen, sofern sie attraktiv sind und mit technischem Geschick hergestellt wurden, besser sind als die Chinesischen.
Der 4 1/2 Matten-Raum
Einer der offensichtlichsten Unterschiede zwischen dem shoin no cha und dem daraus entwickelten sôan no cha liegt ohne Zweifel in der Raumgröße: Jukô verkleinerte den Tee-Raum auf eine Größe von einem jô im Quadrat- dieses Maß hat im Zen-Buddhismus spirituell-symbolische Bedeutung: dem Vimalakirti-Sutra zufolge empfing der indische Weise als er krank daniederlag, gleichzeitig viele Anhänger der buddhistischen Lehre in einem-Raum dieser Größe. Schon vor Jukô nahm der shôgun ASHIKAGA Yoshimasa dieses Maß zur Grundlage für den berühmten Silberpavillon, eine Einsiedlerklausen dieser Größe. Nach dieser Einsiedlerklause ist auch der „Tee im Stil der Einsiedlerhütte“, sôan no cha, benannt. Ein Raum dieser Größe wird nun auch als 4 1/2 Matten-Raum bezeichnet, da seine Fläche der von 4 1/2 tatami-Matten enspricht. In diesem Zusammenhang entwickelte sich auch der Stil des kakoi no cha, der „Tee im abgegrenzten Raum“, bei dem von einem großen Raum durch zwei sechsteilige Stellschirme ein 4 1/2 Matten-Raum abgetrennt wurde. Der kakoi no cha war allgemein nicht so formell und zwanghaft wie der shoin no cha und war bei den damaligen Tee-Menschen, also den Kennern der noch recht jungen Tee-Kunst, sehr beliebt.
Jukôs 4 1/2 Matten-Raum unterschied sich auch von seiner Ausstattung her in einigen Punkten von dem Studierzimmer des shoin no cha. Jukô entfernte nicht nur das für den shoin no cha obligatorische chigaidana genannte Wandregal und den Schreibtisch, sondern er führte auch die im Boden versenkte Herdstelle, den ro, ein. Der Gastgeber ließ den Tee jetzt auch nicht mehr durch einen Tee-Meister ausserhalb des Zimmers zubereiten, sondern tat dies selbst vor den Augen der Gäste. Die Tee-Zusammenkunft wurde auf diese Weise von der Räumlichkeit des Studierzimmers gelöst. Allerdings bewerkstelligte Jukô dies nicht vollständig, und viele Elemente des Studierzimmers sind in seiner „Einsiedlerklause“ noch vorhanden:
- weiterhin stellte Jukô vor der tokonoma ein Tischchen auf mit Schreibpapier, Tuschereibstein und Papierstreifen zum Aufschreiben von Gedichten
- auch weiterhin stand ein Bogengestell an der Feuerstelle,
- weiterhin war der Raum insgesamt in der dezenten Eleganz eines Studierzimmers gehalten, so waren die Wände mit meist weißem Papier bespannt, die Decke mit Zedernholz vertäfelt, und das Dach mit kleinen Holzschindeln gedeckt.
- der Raumschmuck war der gleiche wie beim shoin no cha, jedoch setzte Jukô ihn sparsamer ein.
hieyasete – Die Abkehr von der äusserlichen Vollkommenheit
Mit Jukô setzt auch die Abkehr von den allzu vollkommenen, prächtigen Tee-Schalen chinesischer Produktion ein. Er beginnt, eine Vorliebe für nicht ganz perfekte Tee-Geräte zu entwickeln. Dies ist äusserer Ausdruck des Anspruchs Jukôs, die äussere Schönheit der Gefäße möge einer inneren Schönheit, die durch das harmonische Beisammensein des Gastgebers und seiner Gäste enstehen soll, weichen. Diese nicht vollkommenen Gefäße nannte Jukô auch hieyasete, was soviel wie „kühl-abgezehrt“ bedeutet. Gemeint ist, auch in diesen äusserlich nicht vollkommenen Gegenständen ihre innere Schönheit und den ihnen eigenen Wert zu erkennen.
Prinzipien des Schulungsweges der Tee-Kunst
Im „Otazune no koto“ gibt Jukô fünf Verhaltensregeln an:
- der Gastgeber soll sich unauffällig, aber natürlich benehmen,
- die Teeblumen sollen nicht erdrückend wirken und in Harmonie mit der Umgebung sein,
- der Gastgeber soll kein aufdringliches Räucherwerk benutzen,
- die Tee-Geräte sollen an die Gäste angepasst sein; so sind die Stellung, das Alter, die Bildung und so weiter, zu beachten,
- sowohl der Gastgeber als auch die Gäste müssen sich auf die Zusammenkunft konzentrieren, sie müssen sich vom Äusseren zu befreien suchen und hin zur Verinnerlichung streben.
Erreichter Status des Tee-Wegs
Diese tiefgreifenden Veränderungen fuhren zu einem von Jukô geschaffenen neuen Stil, dem sôan no cha. Insgesamt tendiert dieser neue Stil zu einer Verkleinerung des Tee-Raums, einhergehend mit der Abkehr von der gesellschaftlichen Großveranstaltung hin zu einer intimen Zusammenkunft weniger Personen. Zentral ist hierbei sicherlich das Ziel der Harmonie zwischen den einzelnen Teilnehmern, nämlich die allgemeine Hinwendung zur Innerlichkeit in Abgrenzung zur äusseren Prachtentfaltung des shoin no cha.
Die Synthese der Stile bei TAKENO Jôô
Bürgerlicher, Landadliger, Hofadliger?
TAKENO Jôô (1502-1555) ging im Jahre 1525 nach Kyôto und ließ sich aus Interesse von verschiedenen Tee-Meistern unterweisen. Sseine wichtigsten Lehrer waren jedoch FUJITA Sôri, JÛSHIYA Sôchin und ganz besonders JÛSHIYA Sôgô.
Diese Meister waren Nachfolger Jukôs und lehrten Jôô dessen sôan no cha. Während er sich zunächst nur „nebenbei“ der Tee-Kunst gewidmet hatte, wird sie unter dem Einfluss der oben genannten Meister schon bald zu Jôôs Lebensinhalt. In diesem Zusammenhang ist auch sein gleichzeitiges Studium des Zen zu sehen: beeinflusst von seinem wichtigsten Lehrer, JÛSHIYA Sôgô, wird er im Daitokuji von Sôgô’s Zen-Meister KOGAKU Sôk&gocirc; unterwiesen, später, nach dessen Tod, von seinem Nachfolger DAIRIN Sôtô; dieser verlieh Jôô später auch den Titel „koji“, mit dem erleuchtete Laienanhänger geehrt wurden. Als Jôô schließlich 1537 im Alter von 35 Jahren nach Sakai zurückkehrte, war er ein angesehener Tee-Meister. Es sollte an dieser Stelle unbedingt festgehalten werden, dass Jôô zu allen drei damals kulturtragenden Schichten, nämlich dem Schwerttadel, den machishû und dem Hofadel, in persönlicher Beziehung stand. Dies sollte für seine Weiterführung des sôan no cha, den Jukô begründet hatte, von großer Bedeutsamkeit sein, wie sich im weiteren noch zeigen wird.
Jôôs 3 Matten-Raum
Die räumliche Verkleinerung des Tee-Raums, wie sie von Jukô begonnen worden war, fortführend, schuf Jöö den 3 Matten-Raum (-5qm). Dieser Raum war, anders als bei Jukô, nicht sonderlich elegant, sondem recht schlicht- so bestanden seine Wände, den Bauernhäusern gleich, aus nicht weiterbehandeltem Lehm. Überhaupt bevorzugte Jôô naturbelassene Gegenstände. Insgesamt glich Jôôs 3 Matten-Raum eigentlich in nichts mehr einem Studierzimmer, so dass man erstmals in vollem Wortsinne vom „Tee im Stil der Einsiedlerhütte“ sprechen kann. Bei einer Tee-Zusammenkunft in einem solchen Tee-Raum machte Jôô Gebrauch von möglichst einfachen Tee-Geräten, denn es ging ihm nicht um die Zurschaustellung seiner kostbaren chinesischen Stücke, sondern um das Erleben einer inneren Harmonie zwischen den Teilnehmern im Sinne Jukôs. Bei seinen Zusammenkünften hing Jôô gerne als Bildschmuck ein Gedichtblatt aus dem „Ogura sansô shikishi des FUJIWARA no Teika in die tokonoma. Es handelte sich hierbei um profane und dazu noch japanische Kunst, erstmals wurde also mit der Sitte gebrochen, nur entweder sakrale Kunst (Sutrentexte oder bokuseki) oder aber chinesische Malerei in der Bildnische aufzuhängen. Im übrigen befanden sich die Tee-Räume ganz allgemein zu dieser Zeit schon häufiger in eigenen Tee-Hütten oder-Häusern, dies geht zurück auf den unmittelbaren Nachfolger von Jukô, MURATA Sôshu, welcher die erste Tee-Hütte, „Goshôan“, schuf. Hierzu gesellte Jôô den roji, den Tee-Garten. Dieser sollte, wie die Zen-Gärten, die Grenze sichtbar markieren, die die äußere Welt des Alltags von der inneren Welt der Tee-Zusammenkunft trennte.
Tee-Gesellschaften im 4 1/2 Matten-Raum
Da Jôô aber den Stil des shoin no cha nicht grundsätzlich ablehnte, hielt er gleichzeitig auch an Tee-Zusammenkünften im 4 1/2 Matten-Raum fest, die weitestgehend noch dem Stil des Jukô entsprachen, das heißt, es kamen noch Bogengestell und eins oder mehrere kostbare chinesische Tee-Gefäße zur Anwendung. Desweiteren gemahnte auch die Raumausstattung an ein Studierzimmer, und es wurden noch sowohl Papierstreifen, als auch ein Tuschestein auf einem Tischchen vor der tokonoma plaziert. Dieses Verhalten Jôôs zeigt deutlich, dass es ihm nicht um die äussere Erscheinung der Dinge ging, sondern um ihr inneres Wesen, daher waren für Jôô auch die verfeinerten chinesischen Kunstgegenstände und die schlichten japanischen „Gebrauchsgüter“ einander vollkommen ebenbürtig.
Das Ideal des wabi
Der Begriff des wabi wurde von Jôô erstmals in seinem Werk „Jôô montei e no hotto“ erwähnt; in einem Brief an SEN no Rikyû, erläuterte Jôô die Idee des wabi: Ziel war die Selbstbescheidung und Anspruchslosigkeit, die jedoch selbstverständlich nur dann möglich war, wenn man selbst auch tatsächlich über Vermögen und Ansehen verfügte, die man dem Ideal des wabi opfern konnte. In diesem Zusammenhang forderte Jôô auch im „Jôô montei e no hotto“ ausdrücklich, bewusst Tee-Geräte zu verwenden, die andere für minderwertig hielten und verworfen hatten. Als Beispiel für eine Geisteshaltung im Sinne des wabi bringt Jôô die Selbstbeschränkung der Sonnengöttin Amaterasu an, die den Mythen zufolge trotz ihrer Göttlichkeit in einer einfachen Schilfhütte lebt und sich unpolierten Reis opfern lässt. Dass Jôô als Vorbild für wabi ausgerechnet die bedeutendste aller Shintô-Götter bemühte, zeigt, wie hoch dieses Ideal von ihm geschätzt wurde. Mit wabi nämlich wird nichts anderes als die Essenz des Schulungsweges der Tee-Kunst zu Tage gefördert. Im wabi liegen die Wurzeln des dô – und damit auch der spirituelle Zen-Aspekt dieser Kunst. Auf diesen Vorstellungen begründete sich auch Jôôs allgemeine Abkehr von Äusserlichkeiten und seine bewusste Bevorzugung eher schlichter Gegenstände, die auch er oft – darin Jukô folgend – als hieyasete bezeichnete.
Innovationen
Im Zuge dieser Bevorzugung des Einfachen scheute sich Jôô auch nicht, selbst Dinge, die ihm nützlich erschienen, entweder aus dem Alltagsleben zu entlehnen oder sogar selbst zu entwickeln und herzustellen. So „erfand“ er Deckeluntersetzer, die er selbst aus Bambus schnitzte, ebenso wie die Tee-Löffel, die er verwendete. In einer Anekdote wird berichtet, dass Jôô, als er einen Eimer erblickte, der gewöhnlich zum Badewasserschöpfen verwendet wird, diesen Eimer nachbaute und fortan ab und an bei Zusammenkünften als Frischwassergefäß benutzte. Solcherlei Dinge lassen sich übrigens auch bei Rikyû finden, der sich besonders beim Entwurf und der Herstellung von Blumenvasen aus Bambus und von Stoffbeuteln für seine Teedosen hervortat. Die eigene Herstellung von Tee-Löffeln wurde übrigens zur Tradition und ist heute noch unter den Tee-Meistem durchaus üblich.
Der Tee-Garten und die Tee-Hütte
Es war Jôô, der erstmals einen Tee-Garten und eine freistellende Tee-Hütte verwirklichte. Der Tee-Garten (roji) sollte dabei die Grenze zwischen der äusseren Welt mit ihren Zwängen und Schwierigkeiten und der inneren Welt der Zusammenkunft markieren. Gemeint mit „innerer Welt“ ist aber nicht beispielsweise das Innere des Tee-Raums oder dergleichen, sondern eher das Innere des Menschen, also des Tee-Gastes, selbst. Der roji sollte es also den Tee-Gästen ermöglichen, durch Betrachtung der Pflanzen, der Trittsteine (tobiishi) und aller anderen Elemente, die Harmonie und Ruhe, die in seiner Gesamtheit liegt, zu erkennen und auf sich einwirken zu lassen. Ganz tief in den Tee-Garten wurde die Tee-Hütte gebaut. Beim sôan no cha war sie in der Regel am Aussehen einer Einsiedlerhütte orientiert – wie sich ja schon durch den Namen dieses Stil vermuten lässt. Eine solche Tee-Hütte sollte vor allen Dingen einfach und bescheiden wirken, also dem wabi-Ideal zu äusserer Erscheinung verhelfen. Man sollte jedoch nicht dem Irrtum erliegen, dass, weil bevorzugt naturbelassene Baumaterialien zum Einsatz kamen und Ziel ein schlichter Anblick war, eine solche Hütte recht preiswert und für viele erschwinglich war. Das Gegenteil war der Fall.
Festzuhalten bleibt jedoch, dass die Tee-Kunst inzwischen einen solch hohen kulturellen Wert erreicht hatte, dass man sogar eigens und ausschließlich für diese Kunstform ganze Häuser (manchmal sogar zweigeschossige) baute – ein Privileg, das ansonsten keiner anderen Kunstforrn zuteil wurde.
renga-Einflüsse bei Jôô
Jôô war schon ein angesehener renga-Dichter, bevor er sich der Tee-Kunst zuwandte. So verwundert es nicht, dass er die Parallelen, die zwischen renga und der Tee-Kunst durchaus vorhanden sind, erkannte. Begriffe der renga Dichtung, die ihm hierfür geeignet erschienen, zog er auch zur Erklärung der Tee-Kunst und ihrer Besonderheiten heran. Mit dem Begriff ichiza konryû, der etwa die Bedeutung „Bau einer Zusammenkunft“ trägt, machte Jôô deutlich, dass zum Gelingen einer Tee-Zusammenkunft alle Teilnehmer „mitbauen“ müssen. Der renga-Ausdruck ichigo ichido no san e („eine einmalige Zusammenkunft einmal im Leben“) drückt die Einmaligkeit, die Unwiederholbarkeit jeder einzelnen Tee-Gesellschaft aus.
Jôôs Leistungen im Gesamtüberblick
Was Jôô auszeichnete war sicherlich seine Liberalität gegenüber allen damals wichtigen Ausformungen der Tee-Kunst, die er sogar teilweise selbst praktizierte. Gleichzeitig entwickelte er aber den Stil, der ihm besonders am Herzen lag, den sôan no cha, ein entschiedenes Stück weiter. Mit Jôô war die Entfaltung dieses Stils hinsichtlich seiner äusseren Erscheinung weitestgehend abgeschlossen. Auch im Sinne des Schulungsweges erzielte Jôô große Fortschritte. Beides wurde möglich durch die Einführung des sowohl in ethischen als auch in ästhetischen Kategorien wirksamen wabi-Ideals, einem Begriff, der von Jôô geprägt wurde und den Gedanken des hieyasete deutlicher zur Geltung brachte.
SEN no Rikyûs Vollendung des wabi-Gedankens
Der Werdegang SEN no Rikyûs zum größten Tee-Meister seiner Zeit
Die Herkunft SEN no Rikyûs ist nicht ganz sicher festzustellen. Man weiß, dass sein Großvater TANAKA Sen’ami hieß, jedoch belegen verschiedene Quellen die Existenz von insgesamt drei Sen’ami’s. Ich folge hier dem „Sen no Rikyû yuisho sho“ („Buch der Abstammung von Sen no Rikyû), demzufolge er als TANAKA Yoshirô 1521 in Sakai geboren wurde. Seine Familie war durch den Fischgroßhandel zu Vermögen und ohne Zweifel durch Yoshirôs Großvater TANAKA Sen’ami, der als dôbô dem Shôgun ASHIKAGA Yoshimasa diente, auch zu Ansehen gekommen. Wohl um seinen Vater Sen’ami zu ehren, änderte Yoshirôs Vater Yohee den Familiennamen in „SEN“. Durch seinen Vater Yohee lernte YOSHIRÔ auch die Tee-Kunst erstmals kennen und lieben. Jedoch starb YOHEE schon recht frühzeitig. YOSHIRÔ übemahm mit 19 Jahren die Sorge und Verantwortung für die Familie. In der Folgezeit taucht er in den verschiedenen Berichten seiner Zeitgenossen unter dem Namen SEN Sôeki auf.
Nachdem Sôeki den Stil des shoin no cha mit Hilfe seines Lehrers KITARU Dôchin (1504-1562) gemeistert hatte, wurde er von ihm an TAKENO Jôô selbst weiterempfohlen. Unter Jôôs Anleitung studierte er den wabicha und wurde zugleich von dem Zen-Meister SHÔREI Shûkin, einem Mönch aus dem Daitokuji, im Zen unterwiesen. Später verband ihn eine enge Freundschaft mit dem Abt des Daitokuji, KOKEI Sôchin, der auch großen Einfluss auf Sôekis Gedankenwelt haben sollte. Mit 34 Jahren war Sôeki zu einem hochangesehenen Tee-Meister und Anhänger des wabicha geworden, und etwa 20 Jahre später wurde er zum Hauptteemeister (sadô) des ODA Nobunaga (1534-1582) ernannt, dem damals mächtigsten Mann Japans.
Neben Sôeki standen NOBUNAGA noch zwei andere sadô, IMAI Sôkyû und TSUDA Sôkyû, zu Diensten. Auch sie hingen dem wabicha an. Nobunaga hatte einen solch großen Bedarf an Tee-Meistem, weil er es sich zur Gewohnheit machte, in der Schlacht oder sonstwie sich verdient gemachte Vasallen mit einer Tee-Gesellschaft auszuzeichnen. Nach dem Tod Nobunagas übernahm dessen wichtigster General, TOYOTOMI Hideyoshi (1536-1598), nicht nur dessen Macht, sondem auch seinen „Hofstaat“, zu dem selbstverständlich ebenso die sadô gehörten.
Unter Hideyoshi stieg Sôeki zum größten Tee-Meister seiner Zeit auf. Dies gründete auch darauf, dass Sôeki Hideyoshi im Jahre 1585 bei einer Tee Gesellschaft am Kaiserhof unterstützte; sowohl für Hideyoshi als Angehöriger des Schwertadels als auch für Sôeki, einem „einfachen“ Bürgerlichen, war dies eine unglaubliche Ehre, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte kein Vertreter dieser beiden Klassen eine solche Anerkennung durch den Tennô (Kaiser) erfahren. Damit Sôeki überhaupt an der Zusammenkunft teilnehmen konnte, verlieh ihm der Tennô den Titel koji. Dieser Titel bezeichnet den erleuchteten Laienanhänger des Zen-Buddhismus. Er erhielt ferner die Erlaubnis, sich in Zukunft „Rikyû“ zu nennen, denn es war gemäß der strengen Hofetikette undenkbar, dass eine Person ohne Rang und Titel vor den Kaiser tritt. Rikyû blieb damit der einzige Bürgerliche seiner Zeit, der Kontakt zum Kaiserhof hatte.
Nur zwei Jahre später, 1587, half Rikyû bei der Durchführung der großen Tee-Veranstaltung von Kitano nahe Kyôto. Um sich dem ganzen Land nicht nur als großer Kriegsherr, sondem auch als Mann der Kunst zu präsentieren, lud Hideyoshi alle, die Interesse an der Tee-Kunst hatten, nach Kitano ein. Dort sollten den Gästen die großartigen chinesischen Tee-Gefäße und andere wertvolle Kunstobjekte aus Hideyoshis Besitz gezeigt und von Hideyoshi selbst oder seinen Tee-Meistem der Tee zubereitet werden. Diese Maßnahme Hideyoshis verlief so erfolgreich, dass Hideyoshi die Gesellschaft schon nach dem ersten Tag für beendet erklärte, obwohl eigentlich eine Dauer von zehn Tagen geplant war. 1591 ist das Todesjahr Rikyûs. Er starb durch seppuku, Selbstmord, der ihm von Hideyoshi befohlen worden war. Rikyu hatte sich seiner Ansicht nach zu sehr in die Politik eingemischt.
Der „Stil der Zeit“
Anders als die Tee-Meister vor ihm, legte Rikyû nicht mehr allzu großen Wert auf die Einhaltung der strengen Regeln, die bisher ihre Gültigkeit hatten. Er sah die Gefahr, diese Regeln als das Geheimnis der Tee-Kunst – statt als Handreichungen und Hilfen misszuverstehen und ihr wahres Wesen nicht zu erkennen. Befreit von überflüssigem Ballast war es Rikyû nun möglich, den wabi Gedanken noch zu verfeinern. Rikyû galt als der Tee-Meister, der das Ideal des wabi stärker als alle vor ihm verinnerlichte (auch wenn er als sadô oft Tee-Gesellschalften des shoin no cha abhalten musste), so war es Rikyû durchaus möglich, Tee-Zusammenkünfte nicht nur in 3 Matten-Räumen, sondern auch in 2 1/2, 2 oder sogar nur 1 1/2 Matten großen Räumen zu geben. Zu dieser räumlichen Verkleinerung kam auch seine Entwicklung der raku-Teeware, die als die reinste Verkörperung des wabi-Ideals gilt.
Der nijiriguchi und die Schwertablage
Rikyû ersetzte in seinem von ihm selbst entwickelten 2 Matten-Teeraum den bisherigen Eingang durch den sogenannten nijiriguchi mit einer sehr niedrigen Türöffnung. Die Tee-Gäste mussten sich alle gleichermaßen tief bücken, um den Tee-Raum betreten zu können. Einen kijinguchi, also einen Eingang für höhergestellte Persönlichkeiten, der diesen ein aufrechtes Betreten und Verlassen ermöglicht hätte, gab es nicht. Desweiteren schuf Rikyû eine Schwertablage vor dem Eingang zum Tee-Raum, an der Angehörige des Schwertadels vor dem Betreten des Tee-Raums ihre Schwerter ablegen mussten.
Beide „Erfindungen“ Rikyûs hatten das eine gemeinsame Ziel: Für die Dauer der Tee-Zusammenkunft sollten alle Teilnehmer ihr Alltagsleben und damit auch ihren gesellschaftlichen Rang und ihr Ansehen zurücklassen, um sich als gleichwertige Persönlichkleiten umso intensiver auf die Zusammenkunft und das erstrebte Ziel der gemeinsamen Harmonie konzentrieren zu können. Nun trennten sich die bushi, die Krieger, im allgemeinen so gut wie nie von ihren Schwertern. Diese waren ein Symbol für ihre Macht als Krieger, aber auch für ihre Männlichkeit. Dass es Rikyû trotzdem gelang, die Schwertablage durchzusetzen, lässt sich nur durch seine damals unbestrittene Autorität auf allen Gebieten der Tee-Kunst erklären. Weniger Probleme hatte er mit der Idee des nijiriguchi, denn diesen hatte er aus dem Nô-Theater entlehnt, einer auch durch den Adel getragenen Kunstform
raku-Teeschalen – Inbegriff der wabi-Ästhetik
Insgesamt wurde Rikyû von seinen Zeitgenossen als Tee-Mensch des wabicha angesehen, obwohl er bei den offiziellen Tee-Gesellschaften üblicherweise dem shoin no cha folgte. Nur seine „privaten“ Tee-Zusammenkünfte hielt er im Stil des wabicha ab. Inzwischen gilt Rikyû als derjenige Tee-Meister, der am tiefsten in das ethische und ästhetische Ideal des wabi, als Essenz des Tee-Weges, vorgedrungen ist. Als vollkommenste Wiedergabe des wabi-Ideals gelten die raku-Teeschalen, die auf Rikyûs Anweisung hin und unter seiner Anleitung von dem Töpfer RAKU Chôjirô (1516-1589) gefertigt wurden. Dieser Chôjirô war der Begründer der Raku-Schule, deren Schalen im allgemeinen schmucklos waren und in grauen, roten oder schwarzen Tönen, in jedem Falle aber in gedeckten Farben, gebrannt wurden. Die Tee-Schalen dieser Schule waren fast immer einfarbig, ohne Glasur und mit rauher, grobporiger Oberfläche. Sie wurden nicht, wie die chinesischen Tee-Gefäße, auf einer Drehscheibe getöpfert, sondern von Hand; dies führte häufig zu einer nicht vollkommenen, ebenen Form sondern viele berühmte raku-Schalen weisen schiefe Wände, Dellen, Einkerbungen und dergleichen auf. Auch andere bedeutende Künstler wie HON’AMI Kôetsu (I558-1637) stellten Tee-Schalen im raku-Stil her.
Der Tee-Mensch als allseits gebildete Persönlichkeit
In jedem Falle grundlegend jedoch sind beispielsweise ein sicheres Wissen über Blumen, um die chabana richtig arrangieren zu können. Kenntnisse über Keramik, damit die passenden Tee-Schalen gewählt werden. Gute Kochkünste, zwecks Zubereitung eines ausgewogenen Tee-Mahls, Wissen um die geeignete Malerei für die tokonoma und noch viele andere Dinge, die aufzuzählen hier zu langatmig wäre. So gerät die Tee-Kunst zur Lebensaufgabe; aus diesem Grunde, aber auch, weil die Tee-Kunst im Sinne Rikyûs untrennbar verbunden ist mit der ethischen Komponente des wabi, macht die Tee-Kunst eben nicht halt vor dem Alltag, sondern dieser geht ganz in ihr auf. Fortlaufend bietet sich dem Tee-Menschen die Möglichkeit, etwas zu lernen oder zu entdecken, das für eine Tee-Zusammenkunft verwendet werden kann. So erklärt sich die Innovativität der Tee-Meister seit Jôô. Der ethische Aspekt wurde schon von Jukô formuliert: von einem Tee-Menschen wurde erwartet, dass er nicht nur Kunst schaft, also eine äussere Ästhetik, sondern auch die innere Schönheit der Dinge entdecken sollte, und zwar über den Weg der inneren Einkehr und Selbescheidung. Er sollte zum „ethisch schönen“ Menschen werden.
Versuch der Einordnung der drei genannten Meister
Zum Abschluss seien noch einmal sämtliche große Tendenzen von Jukô über Jôô bis hin zu Rikyû zusammengefasst: die Entwicklung geht fort vom Chinesischem hin zum Japanischem, fort von gesellschaftlichen Großveranstaltungen hin zu intimen Treffen, fort von äusserlichem Gepränge hin zu innerer Einkehr. Diese innere Einkehr im Sinne des wabi repräsentierte die ureigenste japanische Idee, dass sich Ethik und Ästhetik gegenseitig durchdringen.
Diese Entwicklung eingeleitet hatte zweifellos Jukô, er blieb jedoch noch dem Althergebrachten verhaftet. Die Geburt des „echten“, reinen sôan no cha ist Jôô zu verdanken. Rikyû schließlich brachte die Idealvorstellungen seiner Vorgänger im zentralen Begriff des wabi zu ihrer höchsten Blüte. Alle drei großen Tee-Meister verdienen Hochachtung für ihre Leistungen.
Literatur zum Thema
Dumoulin, Heinrich: Geschichte des Zen-Buddhismus, Band II.- Japan Bern 1986
Ehmcke, Franziska: Der japanische Tee-Weg. Bewusstseinsschulung und Gesamtkunstwerk, Köln 1991
Hammitzsch, Horst: Zen in der Kunst der Tee-Zeremonie, Bern/München/Wien 1977
IZUTSU Toshihiko: Die Theorie des Schönen in Japan. übers. und hrsg. von Franziska Ehmcke Köln 1988
Ludwig, Theodore M.: Religio-aesthetic Experience in the Japanese Medieval Arts with Reference to the Way of Tea Dissertation, University of Chicago 1975
OKAKURA Kakuzo: Das Buch vom Tee, übers. von Horst Hammitzsch Insel-Verlag
Plutschow, Herbert E.: Historical Chanoyu, The Japan Times Ltd., Tökyö 1986
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