Bergwandern in Japan

Bergwandern in Japan

Obwohl Japan in den letzten Jahren insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, wissen die meisten Leute im Westen recht wenig über dieses Land. Dafür gibt es mehrere Gründe, u.a. ist Japan als Reiseland für europäische Verhältnisse eher teuer und die Sprachbarriere erschwert den Individualtourismus. Die deutschsprachige Reiseliteratur beschränkt sich im allgemeinen auf die Hauptsehenswürdigkeiten wie Kyôto und Nara; über die Möglichkeiten mehr oder weniger ausgedehnter Wanderungen wird der Leser – von einigen kurzen Spaziergängen einmal abgesehen – weitestgehend im Dunkeln gelassen.

Landschaftsbild

Natürlich kennt jeder den Fuji-san, mit 3776 m mit Abstand höchster Berg und Wahrzeichen des Landes. Vorwiegend unbekannt ist jedoch die Tatsache, daß der japanische Archipel zum größten Teil aus Bergen besteht. Die folgenden Zahlen mögen dies verdeutlichen:

Diese Daten veranschaulichen einerseits recht klar die dicht gedrängten Lebensverhältnisse in den Städten sowie das vergleichsweise große Gebiet relativ unberührter Berglandschaft andererseits. Außer in den Sommermonaten Juli und August besuchen nur sehr wenige Leute diese Gegenden, und es ist möglich, mehrtägige Wanderungen zu unternehmen, ohne auf eine Menschenseele zu treffen.

Wandergebiet

Die höchsten Gebirge des Landes befinden sich im Chubu Distrikt in Zentralhonshu. Da ich in Nagoya lebe, bieten sich in erster Linie die Zentralalpen (Chuo Alps) Kamikochi im Chubu Nationalparkund die Südalpen (Minami Alps) für meine Touren an. Es ist zwar möglich, die meisten Wandergebiete mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, allerdings sind die Transportkosten in Japan recht hoch und die Busverbindungen in den ländlichen Gegenden sehr spärlich – oftmals nur zwei oder drei Busse täglich – hinzu kommen mitunter kilometerlange Anmarschwege auf unattraktiven Asphalt- oder Schotterstraßen; ein eigenes Fahrzeug erleichtert die Anreise daher ganz erheblich.

Fauna

Neben verschiedenen Vogelarten, u.a. Eichelhäher (Garullus glandarius), Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes), Steinadler (Aquila chrysaetos), Schneehuhn (Lagopus mutus) trifft man häufig auf Makaken- Affen (Macaca fuscata) und in Lagen über 2000 m auch vereinzelt auf Gemsen (Capricornis crispus). In den Minami Alps leben auch noch Schwarzbären (Selenarctos thibetanus), allerdings habe ich keinen in freier Wildbahn angetroffen.

Tourenbeschreibung

Eine meiner Lieblingstouren ist der Minami Komaga-dake/Kosumoyama Rundwanderweg in den Chuo Alps, eine anstrengende aber sehr lohnende Tagestour (10 – 11 Stunden). Ich fahre entweder sehr früh morgens (gegen 4.30 Uhr) von zu Hause los oder zelte auf dem kleinen Parkplatz auf 1100 m Höhe am Oberlauf des Inagawa. Um 7.00 Uhr breche ich auf und folge dem markierten Kamikochi Teikoku im Chubu NationalparkWanderweg. Es geht meist steil bergauf, stellenweise durch hüfthohes Bambusgras (kumasasa). Ab ca. 2000 m geht der Laubwald in Nadelwald über, auf ca. 2500 m erreicht man die Krüppelkiefern (haimatsu) und Zwergbirken (takekamba) der alpinen Zone. Von hier ist es noch ca. eine Stunde Kletterei über teilweise sehr große Granitfelsen bis zum Gipfel von Minami Komaga-dake (2841 m), den ich meist gegen 11.30 Uhr erreiche. Bei gutem Wetter ist das Panorama einmalig: Im Westen Ontake (3067 m) und Norikura (3026 m), im Norden die Hauptgipfel der Chuo Alps, im Osten die Kette der Minami Alps und Fuji-san (3776 m) und nach Süden hin Sengairei (2734 m) und Kosumoyama (2613 m), die weiteren Ziele der Wanderung.

Nach einer dreißigminütigen Pause geht es weiter auf dem Kamm nach Süden Richtung Kosumoyama, ca. zwei Stunden auf sehr schönem Weg mit lohnenden Blicken auf die umliegende Berglandschaft. Von Kosumoyama geht es wieder steil abwärts ins Tal. Auf 2350 m liegt die kleine Kosumohütte, welche von Mai bis Oktober bewirtschaftet ist, auf 2000 m kommt man an die einzige Wasserstelle dieser Tour, einem kleinen Bächlein, welches im Winter und Frühling allerdings unter meterdicken Schneemassen begraben ist. Gegen 17.00 Uhr bin ich dann meistens wieder auf dem Parkplatz. Normalerweise treffe ich nicht mehr als zwei oder drei Leute auf dieser Tour, man hat also wirklich seine Ruhe.

Hinweis

Für eine Tagestour wie die hier beschriebene braucht man nur sehr wenig Gepäck: Regenzeug, Pullover, Sonnenhut und -brille, etwas Proviant, 2-3 l Wasser. Von November bis Ende Mai empfehlen sich noch die üblichen Ausrüstungsgegenstände für Wanderungen in Schnee und Eis, d.h. zusätzlich warme Kleidung, Gamaschen, Steigeisen, Pickel. Ich persönlich bevorzuge zu jeder Jahreszeit noch Leki Wanderstöcke. Der Shobunsha Verlag gibt sehr schöne Wanderkarten heraus (yama to kôgen chizu), welche in allen größeren Buchgeschäften des Landes erhältlich sind, und mit denen ich die meisten meiner Touren plane.

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