Vielleicht haben sie ja ein ähnliches Schicksal wie Schallplatten: Vorschnell totgesagt erfreuen sich Bücher in Japan wieder hoher Beliebtheit. Einen Anteil daran haben Themenhotels und buchbezogene Gastronomieangebote, die einen entspannten Lesegenuss versprechen.
Eines davon ist das Manga Art Hotel, das etwa 15 Gehminuten vom Kaiserpalast in Tôkyô entfernt liegt. Auch wenn der scheidende Kaiser Akihito nicht zu den Besuchern der ersten Stunde gehören dürfte, bekommen Gäste in dieser Unterkunft, die Februar 2019 eröffnen wird, einiges geboten. Das fängt bei 5.000 sorgfältig nach künstlerischen Aspekten kuratierten und mit eigenen Kurzrezensionen versehenen Mangabänden an, die bei Übernachtung kostenlos geliehen, aber auch am nächsten Morgen bei Gefallen gekauft werden können. Käuflich zu erwerben sind auch die eigens gestalteten Pyajamas, die Übernachtende natürlich wie Pantoffeln, einem eigenen Zimmersafe und reichtlich vorhandenen Steckdosen zum Aufladen mitgebrachter Smartgeräte zur Verfügung gestellt bekommen. Vorhänge sorgen für ein Minimum an Privatsphäre in den insgesamt 35 auf zwei Etagen verteilten, fensterlosen Schlafkabinen. Die moderne Architektur stammt von YAMANOUCHI Tan. Projektentwickler dot inc. betont in Hinblick auf die Gestaltung der Räumlichkeiten, dass diese bewusst so gewählt ist, dass sie die Gäste nicht von ihren Comicbüchern ablenkt. Anders ausgedrückt: Die Innenarchitektur ist sehr clean und reduziert.
Spezialbuchläden als aktueller Trend
Die Kombination aus Unterkunft und Buchladen ist nicht ganz neu. Auch die Hostel-Kette Book and Bed bietet die Möglichkeit, buchstäblich inmitten von Büchern zu nächtigen und Liebgewonnenes direkt zu kaufen. Über die vergangenen Monate haben Niederlassungen neben Tôkyô auch in Fukuoka, Kyôto und Shinsaibashi bei Ôsaka eröffnet. Diese Unterkünfte zielen durch ihr trendsicheres Design auf eher junge Besucher ab.
Einem ähnlichen Konzept nur ohne Übernachtung folgen auch die zahllosen Beer & Book-Clubs. Sie verwöhnen ihre Besucher mit einer großen Literaturauswahl wie auch Bier, Cocktails und kleinen köstlichen Snacks. In entspannter Atmosphäre können in Läden wie dem Mori no Tosho Shitsu in Shibuya Bücherfreunde Paperbacks und dickere Schmöker lesen und kaufen. Im traditionellen Rotlichtviertel gelegen gibt es im Kabukichô Book Center neben Cocktails und anderen alkoholischen Getränken eine Spezialisierung auf Liebesromane und erotische Literatur. Wer sich beim Lesen eher so fühlen möchte, als lebe er in New York, kehrt im für japanische Verhältnisse geräumigem Brooklyn Parlor in Shinjuku ein, einer Mischung aus Themenrestaurant und Lesestube. Neben Büchern gibt es hier an drei Wänden auch eine große Auswahl an Zeitschriften als Begleitung zum Pale Ale oder Lagerbier. Wer dann doch eher auf das Ambiente eines Jazz Clubs steht und auch der entsprechenden Musik nicht abgeneigt ist, kann im Blue Books Cafe in Jiyugaoka einkehren. In dem gemütlichen Kellerlokal ist neben Getränken allerdings eher leichte Literatur in Form von Fotobänden, Modebüchern und Essay-Sammlungen verfügbar.