Wer nach Japan reist, dem werden viele sonderbare Dinge begegnen, die ihm aus unserem europäischen Kulturraum unbekannt sind: Das sind nicht nur Sitten und Gebräuche, Speisen oder ähnliche, landesspezifische Unterschiede, sondern auch Erscheinungen, die eng mit dem allgegenwärtigen Kontrast zwischen Hi-Tech und No-Tech verbunden sind.
Auch wenn die Meinung vorherrscht, Japan sei ein modernes, hochtechnisiertes Land, so mag dies auf einige Lebensbereiche wie die des Verkehrs- und Unterhaltungswesens zutreffen. In den normalen Heimbereich ist die Technik indes noch nicht all zu weit vorgedrungen.
So finden sich in japanischen Haushalten beinahe ausschließlich Waschmaschinen, die nur mit kaltem Wasser waschen können (und daher auch aggressivere Reinigungsmittel für den Waschvorgang benötigen). Praktisches wie Geschirrspülmaschinen sind immer noch vergleichsweise selten. Besonders der Küchenbereich eines durchschnittlichen, japanischen Haushalts dürfte Nostalgikern Freudentränen in die Augen treiben.
Verlässt man die Küche, so werden einem aufs Haus verteilt allerdings allerlei High-Tech Errungenschaften gewahr: Telefone sehen meist aus wie tragbare Spielkonsolen, haben ähnliche Funktionen, blinken verschiedenfarbigen LEDs und sind natürlich in der Lage, sprachchipgesteuert dem Besitzer Informationen zu der eventuell im Telefon integrierten Menüsteuerung zu geben.
Wesentlich spannender ist für einen Westler allerdings das Aufsuchen einer Toilette in einem Privathaushalt oder besseren Hotel. Während vor ein paar Dekaden eine Toilette in Japan nichts anderes war als ein in Porzellan gefasstes Loch im Boden, über dem hockend das Geschäft verrichtet wurde (diese Hock-Toiletten finden sich auch heute noch, vor allen Dingen in öffentlichen Einrichtungen), ist eine japanische Toilette heute oft sogar weitaus mehr, als unser Porzellan-Thron.
Schon beim Betreten eines gut ausgerüsteten japanischen WCs wird, nach dem Überstreifen der nur für diesen Zweck bestimmten WC-Pantoffeln, der Unterschied augenscheinlich: Links und/ oder rechts vom Toilettensitz befinden sich große Kontrollfelder, mit Knöpfen und Anzeigefeldern für Zahlen- und Zustandswerte. Nach dem Platznehmen auf einem solchen „Washlet“ (washuretto) darf der interessierte Benutzer nun, sofern er die Zeichen auf dem Kontroll-Panel lesen kann, die Toilette nach seinen individuellen Bedürfnisse einrichten: Temperatur des Toilettensitzes (meist wird Köpertemperatur bevorzugt), Temperatur und Stärke des Wasserstrahls und Wärme und Dauer der oft ebenso vorhandenen Trockenvorrichtung. Derartige Toiletten besitzen eine Bidet-Funktion, die nach Justierung durch den Benutzer, punktgenau den Ort-des-Geschehens am Körper des Nutzers durch einen Wasserstrahl reinigt. Hierbei lassen sich auch Wasserstrahlen über einen Zusatz von massierenden Vibrationen ans Ziel schicken. Nach ordnungsgemäßer Reinigung kann nun der Körpermittelteil einem Finishing durch Warmluft unterzogen werden.
Beim Aufstehen kommen manche Modellen auch eiligen Nutzern oder notorischen Spülvergessern entgegen, da eine Sensorik nun automatisches Abspülen einleitet.
Neben diesen Reinigungfunktionen bieten moderne japanische Toiletten noch einiges mehr, um die Bedürfnisgeräte funktionell zu erweitern. Für Zeitngenossen, die laute Toilettengeräusche nicht für einen Ausdruck von prächtiger Gesundheit halten und diese gerne übertönen möchten, bietet die japanische Sanitärbranche beispielsweise solche Modelle an, die bei Benutzung Geräusche von rauschenden Bächen oder zwitschernden Vögeln erzeugen.
Andere Ergänzungen sind automatische Raum-Deodorizierer, Toilettendeckel, die sich beim Nähern des Nutzers automatisch hochklappen, gründliche, automatische Schüssel-Reinigung und sogar ein höhenjustierbarer WC-Sitz. So wird die Verrichtung zu einer unvergesslich bequemen Sitzung.
Ältere Menschen erfreuen sich an Modellen, sich bei Annäherung dem Nutzer entgegen neigen und so das Hinsetzen erleichtern. Nach Erledigung der Notdurft wiederholt sich der Vorgang in anderer Richtung, um wiederrum das Aufstehen zu erleichtern. Manche Washlets sind auch in der Lage, den Urin des Nutzers auf mögliche Krankheiten und Warnzeichen hin zu untersuchen und diese Daten auf Wunsch mit dem Hausarzt zu teilen. Einfach praktisch.