So mancher kennt die Situation: Das Essen hat wunderbar geschmeckt, die Stäbchen werden auf das Essschälchen gelegt, noch ein Schluck Bier aus der Dose genommen und dann auf dem Sofa eine Runde ausgeruht. Schließlich war es ja ein harter Tag. Frau und/oder Tochter räumen derweil das Geschirr ab und erledigen den Abwasch. Dabei zu helfen wäre undenkbar, das macht Mann nicht.
Wer schon einmal in Japan bei einer typischen Familie zu Gast war, wird die Bestürzung oder den irritiert-amüsierten Ausdruck in den Gesichtern der Gastgeber kennen, wenn man (als Mann) seinen Teller nach dem Essen in die Hand nimmt, um ihn in die Küche zu tragen oder sonstige Anstalten macht, helfend einzugreifen. Wie gesagt: „Das macht man nicht“.
Ist man selber in der Rolle des Bedienten, mag man dies noch gerne hinnehmen und im Zweifelsfall auf die heilige Tradition pochen. Oder sich beschweren, natürlich.
Doch zeichnen sich seit Anfang der 200er Veränderungen am Horizont dieser eingefahrenen, noch aus Lehnsherrenzeit überlieferten Verhaltensweisen ab. Vor allen Dingen in jungen Familien greift der Mann auch über helfende Ratschläge („Guck mal, da hinten ist noch was schmutzig!“) hinaus in den Haushalt ein. Eine Veränderung der alten Rollenklischees scheint sich, wie ja auch bei uns, von den Eltern der Nachkriegsgeneration zu ihren Kindern abzuzeichnen. Hier ist es keine Ausnahme mehr, dass der Mann zusammen mit der Frau den Haushalt führt. Seit Jahren boomen in Japan Schulen, die Kochkurse für Männer anbieten. Der Anbieter „Better Home Association“ in Tôkyô verzeichnete seit Eröffnung im Jahr 1992 bis 2000 eine Verzehnfachung der Teilnehmer.
Die Gründe, warum es Männer nun verstärkt in die Küchen zieht, sind mannigfach: Scheidung, ihre Frau wurde krank und kann nun nicht mehr für ihn kochen, Begeisterung fürs Kochen an sich (oft geschürt durch TV-Kochshows), Versetzung an einen Arbeitsplatz fernab der Familie.
Auch wenn sich Kochbücher traditionell eher schleppend in Japan verkauften, so freuen sich Verlage und Buchhändler, dass Kochbücher speziell für Männer zum Renner geworden sind. Hierbei mag vor allen Dingen die Möglichkeit des anonymen Ausprobierens ein wesentliches Kaufargument sein.
Diesen Trend haben übrigens auch einige japanische Life-Style-Magazine aufgegriffen. Neue Zeitschriften sind entstanden. Sehr erfolgreich dabei ist die Zeitschrift „Otoko no Shokusai“ (etwa: Der Geschmack des Mannes/ der Männer), die, begleitend zu einer gleichnamigen TV-Kochsendung, auch Rezepte und Kochhinweise zu nicht ganz so exotischen Gerichten publiziert. Eine Domäne, die Männer auch früher gerne als „Hobbykoch am Wochende“ besetzt haben.
Neben den jungen Leuten scheinen sich auch in Haushalten mit Männern, die nun in Rente gehen oder in Rente gegangen sind, Veränderungen des Rollenbilds abzuzeichnen. Berichten von Japanlink-Autoren zufolge, die in Japan leben, sei es keine Seltenheit mehr, wenn der Mann im Haushalt helfe, um der Frau ihre Last zu erleichtern.
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