Amateurboxer, Konzertveranstalter, Werbegrafiker, Übersetzer, Talkmaster und Schauspieler war er bereits gewesen, er schrieb Kolumnen über Frauen. Aber erst mit 51 Jahren entschloss sich ITAMI Juzo (IKEUCHI Yoshihiro, so sein bürgerlicher Name), in die Fußstapfen seines Vaters ITAMI Mansuku, eines japanischen Filmpioniers, zu treten.
Sein erster Film „Beerdigungszeremonie“ entstand 1985. Bereits mit seinem zweiten Film – „Tampopo“ – gelang ihm der ITAMI Juzointernationale Durchbruch. Tampopo, die von ihrem verstorbenen Mann eine Nudelküche in Tôkyô geerbt hat, versucht mit Hilfe des Milchtankwarts Goro das Nudelsuppenrezept zu finden. Zu diesem abstrus wirkenden Film über die Lust am Essen (und am Sex) sagte ITAMI: „Für den Menschen sind Essen und Sex im Grunde dasselbe. Ich will Leute in Situationen beschreiben, in denen Sex und Essen so klar nicht getrennt sind.“ Der Film, der Schlafzimmer und Speisekammer vereint, kann damit mit Ferreris „Das große Fressen“ und Greenaways „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ in eine Reihe gestellt werden. In vielen Nebengeschichten beschreibt ITAMI die japanische Wirklichkeit mit ihren absonderlichen Ritualen und dem Einfluss der westlichen Kultur.
Diese Gegenüberstellung von östlicher und westlicher Zivilisation ist typisch für seine Filme. Sie sind dabei immer voller Ironie und kurioser Verwicklungen. Offenen Auges zeigt er die Konflikte, die aus dem Gegensatz zwischen Tradition und Moderne entstehen: einerseits die im modernen Alltag absurd wirkenden alten Bräuche und anderseits buddhistische Wertmaßstäbe, die er als nicht überholt ansieht. Wie zum Beispiel in dem Film „Tanz am Abgrund“, in dem ein vergnügungssüchtiger Regisseur angesichts des Todes zu einer buddhistischen Lebensführung zurückfindet.
Die „Beerdigungszeremonie“ und „Tampopo“ sind Filme mit eher privatem Charakter. Mit den beiden Filmen über die „Steuerfahnderin“ wendet sich ITAMI politischen Themen zu. Der Film „Geisha des Glücks“ schildert einerseits die Suche einer Frau nach ihrem persönlichen Glück, andererseits ist auch er wieder politisch motiviert und kritisiert die engen Verflechtungen zwischen hohen Finanz- und Wirtschaftskreisen und politischen Entscheidungsträgern. Nayoko, die als Findelkind eigentlich eine Geisha-Ausbildung erhielt, hat Beziehungen zu verschiedenen Männern, die jedoch entweder betagt, verlobt sind oder sie nur für einen politischen Schachzug missbrauchen wollen.
Infobox
Filmographie (als Regisseur)
- Osôshiki (1985) … aka Beerdigungszeremonie
- Tampopo (1986)
- Marusa no Onna (1987) … aka Die Steuerfahnderin
- Marusa no Onna II (1988) … aka Die Steuerfahnderin schlägt wieder zu
- A-ge-man (1991) … aka Geisha des Glücks
- Minbo no Onna (1992) … aka Die Kunst der Erpressung
- Daibyônin (1993) … aka Tanz am Abgrund
- Shizukana seikatsu (1995) … aka Ein stilles Leben
- Supa no onna (1996) … aka Die Supermarkt-Frau
- Marutai no onna (1997) … aka Frau unter Polizeischutz
Genauso brisant ist der Film „Kunst der Erpressung“, in dem ITAMI den romantischen Mythos der Yakuza demontiert. Mit satirischem Blick entlarvt er die Angehörigen der Yakuza, deren Einfluss bis in die Spitze der japanischen Geschäftswelt reichen, als aufgeblasene, gewöhnliche Kriminelle. Für diesen Film riskierte er einen Überfall von fünf Yakuza, die ihn mit Messerstichen verletzten. Im Krankenhaus entstand dann die Idee für den nächsten Film „Tanz am Abgrund“, in der er verschiedenen Erzählmuster von kitschigen Melodramen, Liebeskomödien und Ärztedramen vereint. Daraus entstand ein ironisches Bild des heutigen Japans, das zum Teil stark von der Sucht nach Amüsement geprägt ist. In dieser Satire auf das blinde Vertrauen in die Ärzte stirbt der Regisseur Buhei Mukai an Krebs, dieser verlässt das Jenseits jedoch bald, da er dort nur Verachtung erntet. Zurückgekehrt widmet er sich mit buddhistischer Gelassenheit den Abschluss-Szenen seiner letzten Seifenoper.
In vielen seiner Filme, so auch in „Tampopo“ und „Die Steuerfahnderin“ spielte seine Frau MIYAMOTO Nobuko die Hauptrolle, deren schauspielerische Leistung nicht unbeteiligt am Erfolg seiner Filme war.
Ein Gerücht um eine jüngere Geliebte trieb den japanischen Regisseur (geboren am 15. Mai 1933 in Kyôto) in den Selbstmord. Am 20. Dezember 1997 stürzte er sich von einem Hochhaus. Nur darin sah er, für den noch Werte wie Ehrgefühl und moralische Integrität galten, die Möglichkeit, seine Unschuld und die Treue zu seiner Frau zu beweisen. Andere mutmaßten, ITAMI sei von Yakuza ermordet worden, die seinen Tod als Selbstmord tarnten.
ITAMIs Filme waren immer sehr erfolgreich, obwohl oder gerade weil sie die japanische Realität auf bissig-satirische Art darstellen. Mit vielen Filmen konnte er nationale und internationale Preise erringen.
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