Japanische Ausdrücke in unserer Sprache

Von Karaoke bis Tsunami

Japanische Ausdrücke in unserer Sprache

Ist es nicht erstaunlich, wie viele japanische Begriffe in unseren Wortschatz eingegangen sind?

Fuji, Futon, Honda, Judo, Kamikaze, Karaoke, Karate, Kawasaki, Kimono, Mitsubishi, Nintendo, Nikon, Nissan, Sony, Sumo, Sushi, Suzuki, Tokyo, Toyota.
Diese Begriffe kennt jedes Kind. Natürlich gehören dazu viele Firmennamen, vor allen Dingen von Elektronik- und Fahrzeugherstellern. Ein weiteres Schwergewicht bilden die Kampfsportarten.

Auch folgende Begriffe dürftem jedem geläufig sein:
Bonsai, Geisha, Ikebana, Jiu Jitsu, Kyoto, Ninja, Origami, Osaka, Sake, Sayonara, Shiitake, Shinkansen, Shinto, Shogun, Soja, Tempura, Yokohama, Zen. Hier können wir nochmals zwei Gruppen ausmachen, nämlich touristische Attraktionen und Lebensmittel.

Und man braucht auch kein Japanologe zu sein, um diese Begriffe zu kennen:
Aikido, Asahi Shimbun, Banzai, Akira Kurosawa, Budo, Butoh, Edo, Fujitsu, Hiroshige, Hitachi, Hokusai, Issey Miyake, Kabuki, Kaizen, Kendo, Kenzo, Kobe, Kyudo, Minolta, No, Nippon, Pikachu, Reiki, Sanyo, Sakura, Seiko, Shakuhachi, Shiseido, Tatami, Tenno, Toshiro Mifune, Tsunami, Utamaro.

Damit haben wir bereits 71 Begriffe. Ein deutscher Durchschnittsbürger verfügt also über ein beachtliches Repertoire an japanischen Begriffen, ohne jemals Japanischunterricht genommen zu haben. Er kennt vermutlich mehr Begriffe auf japanisch als in den Sprachen der Nachbarländer Holland, Dänemark, Polen und Tschechien zusammen! Woher kommt das?

Ein Grund dafür ist die einfache Aussprache japanischer Wörter. Japanische Wörter bestehen aus mehreren kurzen Silben, typischerweise ein Konsonant und ein Vokal, bzw. einzelner Vokal: Ta-na-ka oder U-ta-ma-ro.

Es gibt auch keine besondere Betonung, welche die Ausprache erschweren könnte. Japanisch kann von Deutschsprachigen problemlos ausgesprochen werden und muss daher nicht erst eingedeutscht werden. Japanische Wörter in lateinischen Buchstaben bereiten auch keine Mühe mit der Rechtschreibung wie etwa englische oder französische. Trotzdem sind sie als eindeutig japanisch erkennbar. Wer nicht die Kosmetikmarke Shiseido kennt, würde dennoch richtig vermuten, dass es sich um ein japanisches Unternehmen handelt.

Wie man anhand der Aufzählung sehen kann, benutzen wir japanische Wörter eigentlich erst seit dem zweiten Weltkrieg. Vorher war Japan zwar eine Quelle der Inspiration für die europäische Kunst; Japonismus gab es auf vielen Gebieten, aber die Japanische Kunst diente damals bloß als Vorlage für eigene, romantisierte Entwürfe. Mit dem Krieg erlebte man eine andere Seite Japans. Das damals noch neue Medium Film hat schließlich das Propagandabild vom Japaner als „Kamikaze“-piloten, der mit dem Schlachtruf „Banzai! Banzai! Banzai!“ todesverachtend in sein Himmelfahrtskommando aufbricht, verbreitet. Und zwar so durch und durch, dass viele Japaner selber an diesen Heldenmythos glauben (wollen).

Ebenso klischeehaft ist die Rolle der „Geisha“. Zum Leidwesen aller asiatischen Frauen hat es das Bild der Asiatin allgemein geprägt. Sanft und devot, das sind die Attribute, die man den Asiatinnen zuschreibt. Ist es nicht hanebüchen, 1,5 Milliarden Frauen auf zwei Attribute zu reduzieren? Allerdings macht sich eine Asiatin, die sich nicht in dieses Schema quetschen lassen will, allzu schnell unbeliebt. Ich nenne dies den „Yoko-Ono-Effekt“. (Yoko Ono war eine moderne, selbstbewusste Frau und beachtete Künstlerin, als sie John Lennon traf. Als die Beatles sich trennten, machte man sie dafür verantwortlich und sie wurde von der Öffentlichkeit gehasst.)

Mit der Industrialisierung kamen die ersten japanischen Erzeugnisse auf den Markt. Anfangs war „Made in Japan“ ein Synonym für billige Kopien. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Innerhalb von ein paar Jahrzehnten arbeitete sich der Inselstaat zum Weltmarktführer bei Elektronikgeräten emport. Der Laie in Sachen Fotografie hält sich an die Marken Minolta und Nikon. Da ist er sich sicher, ein gutes Produkt für sein Geld zu bekommen. Auch den japanischen Autos haftet nicht mehr der Makel der Billigware an.

Die Limousinen sind jetzt in die höheren Preisklassen gerückt, gelten als zuverlässig und gut ausgestattet.

In den Achtzigern, Neunzigern ist der Futon auf den hiesigen Markt gekommen. Die Futon-Sofas, die in allen Möbelhäusern seither zum Standardsortiment gehören, haben, wenn man richtig bedenkt, nichts mit echten Futons gemein. Aber weil so schön preiswert, vermitteln vielerorts Futon-Sofa und Reispapierlaterne ein Hauch Fernöstliches bzw. was wir gemeinhin dafür halten.

In neuerer Zeit ist der gaumenverwöhnte Europäer auf japanische Speisen gekommen. Japanische Kost ist fettarm, leicht und gesund, wird hübsch angerichtet und kostet ein Vermögen. Alles Eigenschaften, die die japanische Küche zur Promiküche machen. Es gibt welche, die schwören auf Sushi-Diät, manche bevorzugen die makrobiotische Kost, andere kaufen alles, wo grüner Tee draufsteht (gibt es jetzt sogar im Weichspüler).

Japan hat für den Europäer viel Neues und Aufregendes zu bieten. Wer sich von der Allgemeinheit etwas abheben möchte, nicht durch Prahlerei, sondern duch Feingeist und Ästhetik, der findet in der japanischen Kultur einen unerschöpflichen Quell der Inspiration. Der Kenner züchtet Koi, schnippelt und drahtet an Bonsais, hat eine Ukiyô-e-Galerie und in seinem Bücherregal das Büchlein „Zen und die Kunst des Bogenschießens“ stehen.

Die japanische Literatur erfuhr höchste Ehrung durch die Nobelpreisvergabe an KAWABATA und OE. Ich wünschte, auch die Schriftstellerinnen würden eines Tages wahrgenommen, die die japanische Literatur immer wieder geprägt hatten…
Der japanische Film kam erstmals zu Weltruhm durch KUROSAWA. Seither verzaubern seine Kollegen regelmäßig das internationale Kinopublikum. Hollywood bedient sich manchmal der Vorlagen: „Die sieben Samurais“ wurde als Western unter dem Namen „Die glorreichen Sieben“ neu verfilmt. Und auch Godzilla schaffte es nach Übersee.

In vielen Hollywood-Streifen wird hemmungslos geklaut, was die japanische Kultur hergibt. Zum Beispiel die Philosophie der Jedi-Ritter in „Star Wars“ entspricht in weiten Teilen Budô, der Ethik der Samurai. In Fantasy und Science Fiction lassen Kostümbildner Gewänder des feudalen Japans nachschneidern, in Polizei- und Agentenfilmen kann jeder Cop Karateschläge. „The Matrix“ kopiert den Stil von Computerspielen, Manga-Streifen und asiatischen Martial-Art-Filmen.

Amerika muss seit der anhaltenden Wirtschaftsflaute im Lande Nippon nicht mehr fürchten, dass amerikanische Konzerne japanisch werden. Japan ist keine Bedrohung mehr. Also macht es nichts, die Kids mit japanischen Zeichentrickfilmen zu versorgen. Her mit all dem Spielzeug, den Computern und Spielekonsolen. Der Erfindungsgeist der Japaner ist grenzenlos, wenn es um Freizeitgestaltung geht. Und da wir nun eine Freizeitgesellschaft geworden sind, wir leben nicht um zu arbeiten, sondern arbeiten, um danach möglichst viel Freizeit und Spaß zu haben, kaufen wir gerne all die Dinger, die uns viel Zeit kosten.

Nun ja, vieles davon mag so unnötig wie ein Kropf sein, aber unterhaltsam ist es allemal. Zum Beispiel die Dinger, die man elektronisch füttern und streicheln musste, und deren Name ich schon wieder vergessen habe. Oder die Pokémon und Digimon, die Kinder schon im Vorschulalter dazu animieren, Hunderte von Namen (plus den jeweiligen Eigenschaften) auswendig zu lernen (und bis sie alt genug für die Schule sind, ist der ganze Spuk schon wieder vorbei).

Und die Anime erst! Die japanische Welt der Manga und Anime ist noch bunter und fantastischer als das Marvel-Universum, das wir bisher kannten. Japan ist wie ein riesengroßes Überraschungsei. Immer wieder ‚was Verblüffendes drin. Apropos Ei, da fällt mir auch wieder ein, wie die kleinen Dinger hießen: Tamagotchi. Japanische Namen sind doch einfach zu merken!

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