Lady’s Comic

Comics für junge Frauen

Lady’s Comic

Wenn in Japan der Begriff Lady’s Comic fällt, dann wird zunächst oft verschämt oder verächtlich gelächelt. Innerhalb der Welt der japanischen Manga gelten die Comicmagazine für Frauen als besonders triviale Konsumprodukte, die immer „Happy-Love-Stories“ und überdies schamlosen Sex thematisieren.

Daten und aktuelle Marktsituation

Die Ursprünge des japanischen Comics sind bereits im 12. Jahrhundert der Kulturgeschichte Japans zu finden. Karikaturhafte Tierskizzen (chôjû giga), die auf Bildrollen überliefert sind, sollen den Anfangspunkt einer Comic-Kultur bilden, die sich in der Zeit nach 1945 zu einem der einflussreichsten Massenmedien Japans entwickelt hat. Die auf dem heutigen japanischen Markt existierende Flut von Comics und Comicmagazinen bietet Lesestoff für eine Vielzahl verschiedener Zielgruppen. Es gibt manga für Kinder, für Jungen, Mädchen, Männer, Frauen, lehrreiche manga zur Geschichte oder zur Wirtschaft Japans, pornographische manga, Science fiction-manga, Kochbücher in manga-Form, und vieles mehr. In dieser Arbeit soll eine einzelne, relativ junge Gattung innerhalb der japanischen Comic-Kultur gesondert betrachtet werden: der Lady’s Comic, der erst Anfang der 80er Jahre auf dem japanischen Markt eingeführt wurde. Es handelt sich hier um Comicmagazine, die sich speziell an junge Frauen zwischen 20 und 30 Jahren richten. Bereits in den 60er Jahren waren in einigen Frauenzeitschriften sogenannte story manga seriell abgedruckt worden, nach eigenen Comicmagazinen für Frauen bestand allerdings noch kein Bedarf. Die Frauengeneration aber, die mit den Mädchencomics der 70er Jahre aufgewachsen war, stellte plötzlich eine neue Zielgruppe dar, die nach Fortsetzung der Magazine, ihrer Altersstufe entsprechend, verlangte. Die meisten Lady’s Comics erscheinen monatlich, zur Zeit stehen den japanischen Frauen ca. 60 Magazine zur Auswahl. Ein Heft dieser Art kostet zwischen 300 und 400 Yen, im Vergleich zu großen Frauenzeitschriften relativ billig. Die meistverkaufte Zeitschrift dieser Gattung, „YOU“ zum Beispiel, hat eine Auflage von ca. 900 000 Stück pro Monat. Mit einer monatlichen Gesamtauflage von ca. 10 Millionen stellt der Lady’s Comic nur einen minimalen Bruchteil der japanischen Comicindustrie dar.

Die Leserschaft besteht hauptsächlich aus Frauen zwischen 20 und 30 Jahren, die meisten Leserinnen sind von Beruf Hausfrau, den zweitgrößten Leseranteil bilden Angestellte. Ungefähr 50% der Leserinnen sind verheiratet. Männer bestimmen zwar weitgehend die Redaktion der Magazine, jedoch wird fast die gesamte zeichnerische Arbeit im Lady’s Comic von Frauen geleistet. Viele dieser Zeichnerinnen stammen ursprünglich aus dem Bereich der Mädchencomics, sind aber wegen mangelnden Erfolges für Frauen-Comicmagazine tätig geworden. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, erscheinen Comicserien aus den Lady’s Comics nicht, wie viele andere Manga, in Buchform. Diese Tatsache allein zeigt, dass der Frauencomic als reines Massenprodukt ohne Erhaltungswert gesehen wird. Im Gegensatz zu anderen Comic-Genres wird der Lady’s Comic als Gattung konsumiert, ohne dass sich einzelne Serien und Autorinnen von der Masse abheben oder Magazine sich themendifferenziert an verschiedene Zielgruppen wenden. ERINO Miya führt in ihrem Aufsatz „Lady’s Comic no fukô to kanôsei“ (Krise und Möglichkeiten des Lady’s Comic) von 1995 die ab Mitte der 90er Jahre sinkenden Verkaufszahlen der Frauencomics unter anderem auch auf diese mangelnde gattungsinterne Differenziertheit zurück. ERINO vermutet weiterhin eine gewisse Sättigung der Leserschaft, hervorgerufen durch in sich immer gleich aufgebaute und gleich endende Geschichten. erfolgreichere Serien seien oft von anderen Zeichnerinnen übernommen worden, bis schließlich eine Art Einheitsprodukt entstanden sei. Einen anderen Grund für die Einbrüche in den Auflagenzahlen sieht ERINO darin, dass aufgrund des schlechten Images des Lady’s Comic, der fast automatisch mit anrüchigem Sex in Verbindung gebracht werde, keine jungen Leserinnen mehr nachfolgten. Eine neue Gestaltung sei nötig, um den japanischen Frauencomic auch für jüngere Leserinnen wieder attraktiver zu machen.

Das im Bereich der Lady’s Comics marktführende Magazin „YOU“ des Shûeisha-Verlages gilt als relativ ‘seriös’, da es wenig eindeutige Sexszenen enthält. Erotisch ausgerichtete Frauencomics werden im allgemeinen nur von kleinen Verlagen publiziert, da große Verleger einen Imageverlust befürchten. Als Grundlage meiner Untersuchungen soll ein Exemplar der Reihe „YOU“ (8/96) dienen; überdies soll eine Ausgabe des weit mehr erotisch ausgerichteten Magazins „ROUGE“ (8/96) vom Takeshobô-Verlag näher betrachtet werden.

Zeichentechnische Merkmale

Die Lady’s Comics, wie fast alle japanischen Comicmagazine in schwarz-weiß auf stark holzhaltigem Papier gedruckt und mit Umschlägen aus Hochglanzpapier versehen, enthalten meistens fünf bis sechs Fortsetzungs-Geschichten zu ungefähr 30 bis 60 Seiten. Zwischen diesen Geschichten finden sich kurze Gag-Comic-Strips, Werbung, Leserbriefe, Psycho-Tests, Hotline-Nummern, und dergleichen. Die zeichnerische Gestaltung innerhalb des Lady’s Comic richtet sich größtenteils nach dem Schema des Mädchencomics. Das Layout einer Doppelseite kann in Anzahl und Form der einzelnen Comicbilder, der sogenannten panels sehr stark variieren. Die Seiten sind nicht streng in rechteckige Felder mit Rahmen unterteilt, sondern werden durch in Längs- und Querrichtung verzerrte und unterschiedlich große ‘panels’ für die Dastellung anderer Dimensionen genutzt. Rahmen fallen häufig ganz weg. Durch diese bildauflösende Technik sollen innere Zustände der Charaktere verstärkt zum Ausdruck gebracht werden. Der Fokus auf Gedanken und Gefühle unterscheidet zwar den Frauen- vom Männercomic, deswegen wird aber nicht grundsätzlich auf logische, äußere Handlungen verzichtet. Die fließenden Übergänge zwischen den ‘panels’ werden im erotischen Manga oft eingesetzt, um bei Liebes-/Sex-Szenen Erregung und Ekstase zu verdeutlichen. Aus dem Mädchencomic ebenfalls übernommen sind die Blümchenmotive, die meistens Verliebtheit und Glück symbolisieren. Es fällt auf, dass im untersuchten Magazin „ROUGE“ der Zeichenstil mehr dem des Mädchencomics nachempfunden ist als in „YOU“. In Letzterem sind auch viele Storymanga zu finden, die nach ‘klassischem’ Comic-Schema aufgebaut sind. Bei Betrachtung der Sprechblasen fällt auf, dass diese oft völlig weggelassen sind, um einen an den Leser gerichteten Monolog der Hauptfigur zu verdeutlichen. An anderen Stellen sind die Linien der Sprechblasen durch andere Motive, entsprechend der Situation, wie zum Beispiel eine Art Blütenstaub, ersetzt. Wie bereits erwähnt lassen sich im Lady’s Comic kaum ausgeprägte ‘Handschriften’ einzelner Zeichnerinnen ausmachen.

Geschichten für Frauen: Liebe, Luxus, Leidenschaft?

Heldinnen und Handlungen

Bei Betrachtung der zeichnerischen Gestaltung der Figuren in verschiedenen Comics fällt zunächst deren auffallend westliches, äußeres Erscheinungsbild ins Auge. Die Darstellung dieser Merkmale findet sich im Magazin „YOU“ nicht ganz so stark ausgeprägt. Die Gesichtszüge wirken asiatischer und Frisuren der weiblichen Charaktere sind relativ natürlich gezeichnet. Nebenfiguren in den Geschichten sind im allgemeinen etwas realistischer und weniger ‘schön’ dargestellt. Man kann nicht davon ausgehen, dass kaukasisch gezeichnete Figuren sämtlich Amerikaner oder Europäer darstellen sollen. Nicht-Japaner werden im Manga extra durch Sprach- und Verhaltensweisen gekennzeichnet, der Haarfarbe kommt lediglich ein gewisser Symbolcharakter zu. Blonde Haare sollen auf einen intelligenten, beherrschten Menschen hindeuten, schwarze Haare hingegen sollen auf unkontrolliertes Temperament und eine gewisse Pathetik schließen lassen. Es erscheint sehr fraglich, aus dem kaukasischen Erscheinungsbild der Comic-Helden/innen zu interpretieren, dass der westliche Kulturkreis eine Faszination auf Japaner ausübt. Dennoch können immer wiederkehrende, äußere Merkmale einigen Aufschluss über in Japan herrschende Schönheitsideale geben. Überdies werden Zusammenhänge aufgezeigt, die Japaner/innen zwischen äußerem Erscheinungsbild und charakterlichen Eigenschaften knüpfen.
Im Lady’s Comic sind lange Haare für weibliche Hauptfiguren absolut kein Muss, wie dies im Männercomic häufig der Fall ist. Besonders in Geschichten, die in der Gegenwart spielen, tragen viele Frauen eine Kurzhaarfrisur. Männliche Hauptpersonen dagegen sind oft mit schulterlangen Haaren dargestellt. Obwohl diese Umkehrung schon seit längerem keine schockierenden Wirkungen mehr mit sich bringt, soll hier anscheinend eine Auflehnung gegen soziale Normen zum Ausdruck gebracht werden. In vielen manga tauchen Hauptfiguren, die eigentlich mit detailliert-feinen Gesichtszügen ‘schön’ gezeichnet sind, immer wieder karrikaturhaft verzerrt auf. Diese abstrakten Verfremdungen, in denen meistens Empfindungen wie Wut zum Ausdruck gebracht werden, wirken auch in Liebesgeschichten als komisch-ironisches Element. Liebe wird hier also nicht nur als Drama behandelt, wie dies zur Anfangszeit des Mädchencomics der Fall gewesen ist, sondern auch als Komödie (rabukome).

In der Forschung ist man sich einig: „Die thematische Grundstruktur sämtlicher Comic-Literatur für Frauen beruht auf Variationen zum Thema: „a woman finds her great love“ .

Diese Aussage stammt zwar aus dem Jahr 1981, aber in einer statistischen Untersuchung hat MORI Shigeo 1990 bestätigt, dass das Thema ‘Liebe’ im Durchschnitt den mit Abstand größten Themenkomplex im Lady’s Comic darstellt. Zählt man die Bereiche ‘Heirat’ und ‘Ehe’, die extra aufgeführt sind, auch zu ‘Liebe’, so bestimmt diese ca. 70% der Themen. Abgeschlagen am Schluss liegen die Themen Familie und Beruf mit 9,8% bzw. 9,2%. Lediglich in einigen Ausnahmen weichen die Prozentwerte stark vom Durchschnitt ab; zum Beispiel in dem Magazin „FOR MRS.“, das sich an verheiratete Frauen wendet, nimmt das Thema ‘Familie’ fast 40% ein, das Magazin „OFFICE YOU“ weist eine höhere Prozentzahl im Bereich ‘Beruf’ auf, die aber dennoch geringer ist als die der ‘Liebe’. MORI untersucht außerdem die Berufe der Heldinnen im Storymanga. Seine Statistik besagt, dass mit etwa 41% die sogenannten Office Ladies hier die Hauptberufsgruppe bilden. Bei männlichen Protagonisten stehe der Salary Man (Angestellter) an der Spitze der Berufsgruppen. Die Kombination aus Office Lady und Salary Man ist die am häufigsten Dargestellte. Diese Berufe definieren in Japan den absoluten Durchschnittsmenschen. Sie werden im Manga nicht betont, sondern dienen lediglich als realistischer Hintergrund für Liebesgeschichten.

Nach MORI entsprechen die Heldinnen des Lady’s Comic durchgehend einem traditionellen Frauenbild in dem Heirat, Haushalt und Erziehung als wichtigste Aufgaben zu erlernen sind, dem Mann zu gehorchen ist und ein Beruf mit der Heirat selbstverständlich aufzugeben ist.

ERINO teilt in ihrem Aufsatz „Shiawase no dôdômeguri“ (Der Teufelskreis des Glücks) von 1991 die Heldinnen des Frauencomics grob in drei Gruppen ein:
Erstens die Durchschnittsfrau, die im Laufe der Geschichte heiratet, zweitens die unzufriedene Ehefrau, die entweder ihren Ehemann wieder- oder einen anderen Helden findet, und drittens die Frau, die einen Mann verlässt und einen neuen findet.
Andere Frauentypen als diese würden von der Leserschaft des Lady’s Comic tatsächlich nicht akzeptiert.

Wirkung auf die Zielgruppe

Eine Studie der japanischen Regierung besagt, dass 1970 7,2% der japanischen Frauen zwischen 30 und 34 und 18,1% der 25 bis 29jährigen nicht verheiratet gewesen sind. Im Jahr 1985 sind die Prozentsätze auf 10,1% und 30,4% angestiegen. Heutzutage werden die Zahlen, einer internationalen Tendenz folgend, weiter gestiegen sein. Mehr als 50% der verheirateten Frauen in Japan sind erwerbstätig, ein höherer Prozentsatz als in Deutschland. Der Anteil der arbeitenden Frauen, gemessen an allen Erwerbstätigen, entspricht etwa dem Anteil in Deutschland. Für japanische Frauen ist es allerdings schwieriger als für deutsche, kontinuierlich und in höherqualifizierten Berufen wie Managerpositionen tätig zu sein.
Bis Ende der 60er Jahre hat in Japan eine arrangierte Heirat (miai-kekkon) zu mehr Ehen geführt als eine sogenannte ‘Liebesheirat’ (renai-kekkon). Seitdem verläuft die Entwicklung entgegengesetzt, die Zahl der Liebesheiraten steigt immer mehr an. Während in Japan ursprünglich weniger emotionale und sexuelle als vielmehr pragmatisch-rationale Erwartungen an die Ehe als solches gestellt wurden, hat sich das Bild heute verschoben. Die Scheidungsrate Japans ist trotz eines Anstieges in den letzten Jahrzehnten, im Vergleich zu Nordamerika und europäischen Ländern immer noch extrem niedrig.

Hausfrauen stellen den größten Teil der Leserinnen des Lady’s Comic, erst danach rangieren die Angestellten. Wenn hier von Hausfrauen in Absetzung zu Angestellten die Rede ist, dann sind also Vollhausfrauen gemeint. Man weiß, dass diese Frauen sowohl mit dem Mädchencomic als auch mit der sich verbreitenden Vorstellung der Liebesheirat großgeworden sind. Wie kommt es, dass gerade sie zu den größten ‘Fans’ des Lady’s Comic gehören? Was für eine Rolle spielen die Comicmagazine im Leben dieser Frauen? Tatsache ist zunächst, dass in den wenigsten Lady’s Comics Mütter mit Kindern dargestellt sind und die Ehe selten Thema der Handlung ist. Es ist anzunehmen, dass der Alltag der Hausfrauen-Leserinnen dagegen gerade von diesen Faktoren bestimmt ist, und dass die Geschichten weit von der sozialen Realität dieser Frauen entfernt sind. Für die meisten Leserinnen stellt die Lektüre des Lady’s Comic also eine Möglichkeit dar, in einer Traumwelt für kurze Zeit den Alltag zu vergessen.

Sexuelle Darstellungen im Lady’s Comic

Wer in Japan den Begriff Lady’s Comic hört, denkt sofort in eine Richtung: Sex. Wie bereits erwähnt, wird die ‘Krise’ der Frauencomics unter anderem auf ein schlechtes Image aufgrund von häufigen sexuellen Darstellungen zurückgeführt. Große Verlage haben deswegen weitgehend auf derartige Szenen im Lady’s Comic verzichtet, einige kleine Verlage publizieren weiter erotische Magazine. Was liefern diese Art von Lady’s Comics den Leserinnen? Sind sie wirklich so obzön wie ihr Ruf? Was läßt sich über Erwartungen der Frauen aussagen, deren Resonanzen auf den Comic anhand von Fragebögen ausgewertet und berücksichtigt werden?

Als Beispiel dient hier das Magazin „ROUGE“, ein Vertreter der sex-orientierteren Lady’s Comics. Da eine Untersuchung anhand einzelner Geschichten diesen Rahmen sprengen würde, soll überblickartig vorgegangen werden. Der Titel „Rouge“, das französische Wort für ‘rot’, weckt im Leser bereits einige Assoziationen: Rot, die Farbe der Liebe und Sexualität, rot wie Rotlichtbezirk, oder Sünde und Hölle. Gleichzeitig lässt das Französische Sinnlichkeit und Romantik mit anklingen (Im Mädchencomic gilt Frankreich als der Inbegriff von romantischer Liebe).
Im Hinblick auf sexuelle Praktiken im Lady’s Comic wurde in einer Untersuchung festgestellt, dass Geschlechtsverkehr nur auf maximal 12% der Seiten dargestellt worden ist. Ausgedehnte Vor- und Nachspiele, in denen die Frau besonders ‘umsorgt’ wird, nehmen einen viel größeren Anteil der Seiten ein. Hinzu kommen andere ‘Spielarten’ wie lesbische Liebe oder Sado-Masochismus. Laut einer Umfrage ist die meistgenannte Anforderung an den Sex im Lady’s Comic allerdings, dass dieser in eine logische Handlung eingebunden und nicht isoliert ist. Auch in „ROUGE“ sind Liebe und Sex eindeutig zum Thema der Geschichten gemacht und nicht als Ausschmückung einer anderen Handlung eingesetzt. Dabei wird auch vor den kleinsten Details nicht Halt gemacht, es werden zum Teil Sex-Szenen geboten, welche viele Männermanga in den Schatten stellen. Im Lady’s Comic ergreifen auch Frauen die sexuelle Initiative, sind dabei aber nicht gleichzeitig, wie in manchen Männercomics, als „oversexed“ dargestellt, sondern lediglich als aktiv fordernd. Nicht nur sanfte Kuschelerotik sondern auch sehr eindeutiger, harter Sex ist dargestellt.

In einer weiteren Untersuchung von MORI Shigeo wurde außerdem festgestellt, dass im Lady’s Comic Sex häufiger als Zweckmittel eingesetzt wird, um beruflich voranzukommen, als aus Liebe. Jedoch könnte mit fortschreitender Thematisierung des Berufs heutzutage diese Art, beruflich voranzukommen, zunehmend durch Darstellung wirklich fachlicher ‘Qualifikationen’ ersetzt worden sein. Die sexuellen Darstellungen im Lady’s Comic können zum Teil tatsächlich als obzön bezeichnet werden, und es ist möglich, dass sich dabei manche Betrachter in ihrem Schamgefühl verletzt fühlen. Der eigentliche Grund für den schlechten Ruf des Lady’s Comic ist aber wohl eher in der Tatsache zu sehen, dass es sich für Frauen in Japan traditionell einfach nicht ‘schickt’, erotische Lektüre zu konsumieren. Für die Frauen, die in den 60er und 70er Jahren aufgewachsen sind, hat der Lady’s Comic vielleicht einen Fortschritt im Sinne sexueller Befreiung bedeutet, indem nämlich plötzlich auch für Frauen die Möglichkeit bestand, sexuelle Phantasien offen auszusprechen; die Leserinnen bestimmen nämlich zum Teil sogar in Form von Geständnissen und sexuellen Offenbarungseiden die stoffliche Grundlage der Geschichten mit. Für die jüngere Generation, die wenig Interesse am Lady’s Comic zeigt, ist der offene Umgang mit Sex schon selbstverständlich; der Lady’s Comic aber einfach, dramaturgisch gesehen, qualitativ zu minderwertig.

Der Lady`s Comic wird in mancher Hinsicht den gegen ihn gehegten Vorurteilen gerecht und befindet sich gerade deswegen in einer anhaltenden Krise. In einigen Magazinen jedoch, die möglicherweise auf eben diese Krise reagiert haben, lassen sich Geschichten nicht einheitlich stereotypisieren und vermitteln auf ein modernes Frauenbild. Obgleich noch viele Bereiche im Lady’s Comic überarbeitungswürdig sind, so besteht dennoch eine Chance, das Image des japanischen Frauencomics wieder aufzubessern. Diese besteht wahrscheinlich nicht nur darin, die Sex-Darstellungen auf ein Minimum zu reduzieren. Es gilt auch zu belegen, dass auch in Magazinen dieser Art, qualitativ gute und differenzierte Arbeit geliefert werden kann.

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