Harmonien von Okinawa

Porträt der Vokal- Gruppe "An Chang Project"

Harmonien von Okinawa

Nur wenige Meilen von der chinesischen Küste entfernt, in der Nähe von Taiwan, ein wenig nördlich vom Wendekreis des Krebses, liegt die zu Japan gehörende Insel Yonaguni im Okinawa- Archipel. YASUBA Jun, eine damals zwanzigjährige Japanerin aus Kyôto, besucht 1979 die Insel auf der Suche nach den Wurzeln Okinawas.

Fasziniert von der Musik der Bands Shokichi Kina und Champloose, die in den 70ern westliche Rockmusik mit Songs aus Okinawa verbanden, will Jun alles kennenlernen, was mit Okinawas Geschichte und Kultur zu tun hat. Deshalb geht sie nach Yonaguni. Diese kleine Insel ist rund 500 Kilometer von Okinawa entfernt, fast soweit wie Okinawa selbst von der japanischen Hauptinsel Honshu entfernt ist. In Okinawa ist vieles anders als im Rest von Japan.

Essen, Kultur, Geschichte und Musik spiegeln die zentrale Postion der Insel zwischen China, Japan und Südostasien wieder. Das Klima ist tropisch und es ist eine der wenigen Gegenden Japans, in denen Musik noch lebendiger Teil des Alltags ist. Dort lernt sie die Lieder der Inselbewohner, scheibt die Texte auf, lässt sich die Melodien vorsingen. Zurückgekehrt nach Kyoto beginnt sie Sanshin spielen zu lernen. Die dreisaitige, mit Schlangenhaut bespannte Laute, ist das Hauptinstrument der Musik Okinawas. In einem Übungskreis lernt sie andere Musiker kennen, u.a. UNO Yoshie. Es entsteht 1987 die Gruppe Shisars, die 1996 eine erste CD einspielt, produziert von ÔKUMA Wataru, dem Grüder Band Cicala Mvta . Jun selber ist auf dieser CD jedoch nicht als Sängerin zu hören. Mitte der neunziger Jahre wagen YASUBA Jun und UNO Yoshie einen Neuanfang: Gemeinsam mit dem Gitarristen der Shisars, HATTORI Natsuki spielen sie die CD Yarayô -Uta no Sahanji ein. Es folgt 1999 die CD Harararude. Aus dem Material dieser beiden Produktionen ist das auch in Deutschland erschienene Album Monkey Harmonizing Songs zusammengestellt worden.

„New Vocal Harmonies from Okinawa and the Pacific“: YASUBA Jun und UNO Yoshie singen Melodien, die hauptsächlich aus Okinawa und von der Insel Yonaguni stammen, aber sie singen sie nicht in traditioneller Weise unisono, sondern in harmonisch gesetzten Stimmen. Inspiriert von südpazifischer Musik aus Kiribati und der Musik bulgarischer Frauenchöre, wagten Jun und Yoshie diese radikale Veränderung des traditionellen Repertoires. So entstand eine Musik, die im ersten Moment wie eine Soundcollage wirkt, mit plötzlichen Rhythmus- und Tonartwechseln, kurzen acappella-Passagen und einem vollkommen wundersamen E-Gitarren-Effektzauber.

Es erschliesst sich jedoch bei weiterem Zuhören ein in sich sehr geschlossenes Bild: Jun, Yoshie und Natsuki wollen nicht die Musik Okinawas kopieren oder neu erfinden, sie sehen sie vielmehr als eine ihrer Hauptinspirationsquellen an, als ihre ideale Ausdrucksmöglichkeit. So verschmelzen im Chor gesungene Wiegenlieder aus Yonaguni mit Fischerliedern aus Kiribati, verzerrte E-Gitarren und Sanshin-Klänge zu einem Universum, dessen Zentrum die verspielte Phantasiewelt der beiden Sängerinen YASUBA Jun und UNO Yoshie ist. Ein Universum voller Affen, das beim sanften Zirpen der Sanshin und Quietschen der E-Gitarre am Strand von Yonaguni unter Palmen relaxt und aufs Wasser und die darin versunkenen Ruinen von Mu, dem Atlantis Japans, hinausschaut und den Frieden fernab der Hektik Tôkyôs genießt.

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