Ökotrip nach dem Weltuntergang

MIYAZAKI Hayaos frühes Meisterwerk Nausicaä

Ökotrip nach dem Weltuntergang

Nausicaä aus dem Tal der Winde gehört zu den wenigen, verbliebenen Menschen, die nach einem großen Zwischenfall in der fernen Vergangenheit, in einer lebensfeindlichen Welt überleben. Diese wird von riesigen Insekten und Pilzen beherrscht, deren millionenfach ausgestoßene Sporen alle verbliebenen Lebensräume vergiften und die Lungen der Menschen zersetzen. Überleben ist nur mit Atemmasken und in bestimmten, mehr und mehr bedrohten Regionen möglich. Zu allem Überfluss stürzt ein torumekisches Raumschiff in das Heimattal der jungen Prinzessin und bringt Krieg, einen gewaltigen Titanen und Sporen in das bislang idyllische und durch seine Lage geschützte  Tal der Winde.

An Bord ist als Gefangene die Prinzessin des Königreichs Pejite, die mit ihrem letzten Lebenshauch darauf drängt, die Schiffsladung zu vernichten. Als kurz darauf ein Kampfschiff Torumekias am Himmel erscheint, um nach dem abgestürzten Transporter mit seiner brisanten Fracht aus Geisel und schlafendem Titanen zu suchen, wird Nausicaäs Volk endgültig in einen Konflikt zwischen Torumekia und Pejite hineingerissen. Kushana, die dritte Prinzessin im Bunde, lässt das Tal besetzen und hat auch keine Einwände gegen die Tötung des bettlägrigen Vaters von Nausicaä. Für die Torumekianerin ist die Sache klar: Der Insektenbrut muss mit der gewaltigen Kraft des zu erweckenden Titanen für alle mal Einhalt geboten werden. Mit den Kerbtieren ist kein Zusammenleben möglich. Das weiß sie spätestens, seit ihr ein Gefecht mit den gewaltigen Krabbeltieren schick glänzende Protesen an beiden Beinen und einem Arm einbrachte. Sie stellt Nausicaä und ihr Volk vor die Wahl: Sich dem Kampf gegen die ehemaligen Titanenhüter aus Pejite und gegen die Insekten anschließen. Oder sterben.

Nausicaä mit Atemmaske
Mit Atemmaske unterwegs im Meer der Fäulnis. Bild: (c) Universum.

Nausicaä nimmt derweil an, dass es noch weitere Optionen geben muss. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass die Monsterinsekten durchaus zugänglich sind und nur dann angreifen, wenn sie sich oder ihre Larven bedroht sehen. Auch hat sie in ihrem Kellerlabor bemerkt, dass die Pilze keine tödlichen Sporen freigeben, wenn sie sich aus sauberem Quellwasser nähren. Diese Hypothese erhärtet sich, als die junge Prinzessin später in Kavernen unter dem Meer der Fäulniss landet. Sauberes Wasser und klare Luft belegen, dass die Natur schon längst damit begonnen hat, sich selbst zu heilen. Ein aktives, aber fragiles Ökosystem, das von den Kampfgelüsten Torumekias und Pejites allerdings empfindlich bedroht wird.

Nausicaä – Prinzessin aus dem Tal der Winde ist ein Film, der gut gealtert ist. Auch wenn manche der Cell Shading-Animationen dank CGI-Animes heute etwas statisch wirken und einige Einstellungen auch auf der Blu-ray stark rauschen und kontrastarm daherkommen, hat der Streifen auch satte 35 Jahre nach seiner Entstehung nichts von seiner Magie eingebüßt. Wahrscheinlich auch, weil der ökologische Subtext immer noch brandaktuell ist. Nach wie vor zerstören Menschen unverzagt ihren eigenen Lebensraum und all das, was der Selbstheilung des Systems dient.

MIYAZAKI Hayao realisierte diesen Zeichentrickfilm für Erwachsene auf der Grundlage seines erfolgreichen Manga von 1982. Auch wenn manche den Film wegen des beteiligten Personals als den ersten Film der renommierten Ghibli-Studios betrachten, wurde er noch durch das Animationsstudio Topcraft realisiert. MIYAZAKI und sein langjähriger Mentor TAKAHATA Isao, mit dem er auch schon bei Studio Toei an nationalen und internationalen Erfolgen wie zum Beispiel der Animeserie „Heidi“ arbeitete, nutzten den großen kommerziellen Erfolg von Nausicaä, um den Traum vom eigenen, unabhängigen Studio zu realisieren.

Bei Ghibli war ihm dann als erstes klar, dass er einen großen Fehler von Nausicaä niemals wiederholen wollte. Dieser war für eine Verwertung in den USA und in Europa lizensiert worden. Dabei waren tiefgreifende Änderungen an Figurennamen und der Story vorgenommen worden. Insgesamt hatte man 25 Minuten aus dem Film geschnitten und die eigentliche Aussage des Films – lebe im Einklang mit der Natur und ihren Geschöpfen, um auch dein Überleben zu sichern – wurde komplett verfälscht. Nachdem er nach dieser Erfahrung zunächst gar keine Filme mehr ins Ausland lizensieren wollte, geschah dies fortan nur noch unter konkreten vertraglichen Vorgaben, die eine inhaltliche und formale Änderungen unterbinden sollten. Als Miramax-Boss Harvey Weinstein einige Jahre später an der US-Version von Prinzessin Mononoke Kürzungen vornehmen wollte, schickte ihm MIYAZAKI Hayao als Geschenk ein Katana-Schwert. Auf dessen Klinge war eine drohende Aufforderung graviert: „No Cuts“.

Info Box

Cover Nausicaä aus dem Tal der Winde

Kaze no tani no Naushika,
Japan 1984
Regie: MIYAZAKI Hayao
Sprecher (Japanische Fassung): SHIMAMOTO Sumi  (Nausicaä), TSUJIMURA Mahito (Jihl), KYÔDA Hisako (ÔBaba), NAYA Gorô (Yupa), NAGAI Ichirô (Mito)
117 Minuten (Farbe), FSK: 12

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