Dolls

Sonnengelb, Blutrot und Kitanoblau

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„Verdammt! Ich drehe meine Filme in Farbe!“ reagierte KITANO, als er auch nach „Brother“, seinem 9ten Film, wieder in der Zeitung lesen musste, das Kritiker seine Filme für monoton und grau bzw. für „kitanoblau“ hielten. An diesem Eindruck konnten weder die leuchtenden Hemden in seinem Film „Sonatine“ (1993), noch die blumigen Gemälde in „Hana-Bi“ (1997) rütteln.

icht zuletzt deshalb nahm er die Herausforderung an, in „Dolls“ ein größeres Farbspektrum auszuprobieren und ließ dieses in ein schönes und kräftiges Ergebnis einfließen. Zur Farbenpracht verhelfen besonders die Kostüme des japanischen Modezars YAMAMOTO Yôji: Die Kleider der Hauptfigur Sawako leuchten in allen Farben und Schattierungen von Knallgelb über Tiefblau bis zu Schneeweiß.

Es beginnt im Frühling. Sawako und Matsumoto wandern durch einen Park. Die Leute starren sie an, lachen, als sie wegen eines dicken Seils, welches beide am Bauch verbindet, straucheln. Matsumoto erinnert sich, dass er und Sawako einst ein glückliches Paar waren, er dann aber doch die Tochter seines Chefs heiraten wollte, um seinen Aufstieg in der Firma zu beschleunigen. Doch Sawako erträgt die Trennung nicht, versucht sich umzubringen, überlebt, verliert aber den Verstand. Matsumoto lässt alles liegen und kehrt zu Sawako zurück. Gemeinsam ziehen sie mit dem Seil um den Bauch durch Japan.

KITANO belässt es nicht bei diesem einen Handlungsstrang. Zusätzlich lernt der Zuschauer den Popstar Haruna kennen, die nach ihrem neuesten Hit „ma-me-mi-mu-me-mo Magic Beam“ einen Unfall hat, durch den ihr Gesicht entstellt wird. Niemand soll sie so zu Gesicht bekommen, so dass sich ihr treuster Fan Nukui die Augen aussticht, um sie doch besuchen zu können.

Kitano Dolls
Matsumoto und Sawako durchstreifen den Winter. Bild: (c) Rapid Eye Movies

Auch Yakuza Boss Hiro hat nur eine Frau im Kopf. Vor 30 Jahren, als er noch ein Fabrikarbeiter war, saß er jeden Samstag mit ihr im Park. Jedes mal brachte sie Essen mit, doch dann verließ er sie, um einen besseren Job zu bekommen. Sie versprach, jeden Samstag zu warten, und so tat sie es auch. Als er nach 30 Jahren in den Park zurückkommt, sitzt sie in derselben Kleidung an versprochener Stelle, mit dem Essen auf dem Arm. Sie erkennt ihn nicht, als er sich neben sie setzt, freut sich aber trotzdem über die Gesellschaft und teilt mit ihm das Essen, ohne zu wissen, dass genau der Mensch neben ihr sitzt, auf den sie 30 Jahre wartete.

Die Geschichten werden episodenhaft erzählt, Sawako und Matsumoto gehen währenddessen durch den Sommer, welcher leuchtend gelb ist mit einem tiefblauen Meer. Es wird Herbst und die Blätter leuchten blutrot. Und während die roten Blätter zu Boden fallen, sehen wir auch Nukui, den Fan, blutüberströmt niedersinken. Und auch für Hiro, der glaubte, das Glück wiedergefunden zu haben, wird der Herbst blutrot. Dann sehen wir Sawako und Matsumoto im Schnee in eine heimelig warme Hütte schauen. Matsumoto erinnert sich, wie er Sawako eine Kette schenkte, weil er sie heiraten wollte. Und Sawako scheint sich zum ersten Mal wieder zu erinnern, wer ihr Begleiter ist. Sie hält die Kette hoch und lächelt.

Wie KITANO in Interviews angab, ist „Dolls“ an das traditionelle Bunraku-Theater angelehnt. „Es ist nicht so, dass Bunraku das gesamte Stück beeinflusste, diese Idee entstand erst später. Ursprünglich wollte ich meine eigene Interpretation einer Chikamatsu-Geschichte machen, eine Liebesgeschichte in einer modernen Umgebung“. Hiervon zeugen auch die farbenfrohen, bunrakuartigen Puppenkostüme in einer modernen Geschichte voll Liebe und (grausamem) Tod.

Info Box

Dolls Cover

Dolls,
Japan 2002
Regie: KITANO Takeshi
Produzenten: MORI Masayuki, YOSHIDA Takio
Drehbuch: KITANO Takeshi
Musik: HISAISHI Jô
Darsteller: KANNO Miko (Sawako), NISHIJIMA Hidetoshi (Matsumoto), MIHASHI Tatsuya (Hiro), MATSUBARA Chieko (Frau im Park), FUKADA Kyôko (Haruna), TAKESHIGE Tsutomu (Nukui)
Produktion: Bandai Visual Co. Ltd., Office Kitano, TV Tokyo, Tokyo FM Broadcasting Company
113 Minuten (Farbe).

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