Perfect Blue

Perfect Blue

Keiner sagt, dass das Leben im Rampenlicht ein Zuckerschlecken sei. Man muss so hart am eigenen Image arbeiten, pendeln zwischen Filmstar und Popidol (je nach Bedarf des Publikums), dass man sein wirkliches Ich schnell aus den Augen verlieren kann. Wenn das schon echten Künstlern so geht, um wieviel mehr muß es dann die virtuellen Persönlichkeiten in Verwirrung stürzen, von der Öffentlichkeit in Besitz genommen zu werden, weil sie schon genug damit zu tun haben, ihre Echtheit zu spielen?

In lächerlich knappen kindischen Kostümen tritt Mima Kirigoe im Mädchentrio „Cham“ auf und wird vom größtenteils männlichen Publikum bejubelt. Dann entscheidet sie sich, eine Rolle in einem Mystery-Krimi mit dem Titel „Double Bind“ anzunehmen und ihre Popkarriere an den Nagel zu hängen. Vorbei ist es mit der Unschuld in Rosa, im Film tritt sie in einem Nachtclub als Stripperin auf und wird vergewaltigt. Nur konsequent, dass sie sich im Zuge der Schauspielerei auch als Model nackt ablichten läßt. Für ihre Fans der ersten Stunde ein Schlag in die Magengrube.

Schuldgefühle kommen auf, sie fühlt sich schmutzig und wird mit ihrem geisterhaften Alter Ego konfrontiert. Es die frühere Mima, die noch immer im blitzsauberen Kleidchen daherschwebt und sie für ihren „moralischen Niedergang“ grausam verlacht. Die andere Mima scheint allein im Kopf der „Double Bind“-Schauspielerin Mima zu existieren, die dann im Film im Film den verruchten Fotografen ersticht.

Perfect Blue
Leben im Rampenlicht. Bild: (c) Rapid Eye Movies
Die einzigen Personen, die feste Pole in ihrer Umgebung darstellen, sind ihre Managerin Rumi und ein psychopathischer Fan, Me-Maniac, der ihr auf Schritt und Tritt zu folgen scheint. Sein rätselhaftes Lächeln verheißt nichts Gutes. Was verbindet ihn mit Mima? Begeht er Morde aus Fanatismus oder ist er eine von ihr imaginierte Figur, die sie braucht, um ein eigenes, mörderisches Geheimnis zu bewahren? Und wer steckt hinter der Homepage im Internet, „Mima’s Place“, in der selbst ihre noch so banalen Gedanken in Tagebuchform erscheinen?

Perfect Blue ist ein spannender Psychothriller, der einem Roman von TAKEUCHI Yoshikazu folgt. Regisseur KONs Verzicht auf Überleitungen zwischen den Szenen und erhöht in der zweiten Filmhälfte das Tempo spürbar: In schnellen Schnitten wird Mimas Verwirrung hinsichtlich Gegenwart und Vergangenheit deutlich, in einer Sequenz schreckt sie mehrere Szenen hintereinander in ihrem Bett auf, konfrontiert mit immer neuen, immer erschreckenderen Realitäten. Sind ihre Fische nicht gestorben als Mima anfing, die Kontrolle zu verlieren? Sie schwimmen wieder munter im Aquarium, im blauen Wasser, das Mima ähnlich staunend betrachtet wie den Computerbildschirm zuvor. Die Welt scheint wieder hergestellt.

Die Geräuschkulisse bleibt seltsam steril und die (englischen) Dialoge sind nicht geeignet, die akustische Seite des Films aufzuwerten (Mima beim Anblick des Faxgerätes: „A Fax! Who can it be from?“). Doch fällt das bei einem Film wie „Perfect Blue“ kaum ins Gewicht, der den visuellen Raum von Anfang bis Ende beherrscht und mit ungewohnten Perspektiven visuell wie auch inhaltlich überrascht.

Info Box

Perfect Blue Cover

Perfect Blue,
Japan 1997
Regie: KON Satoshi
B: MURAI Sadayuki
Sprecher (Japanische Fassung):
IWAO Junko (Mima Kirigoe)
MATSUMOTO Rica (Rumi)
TSUJI Shinpachi (Tadokoro)
ÔKURA Masaaki (Uchida)
81 Minuten (Farbe). Bisher erhältlich in O-Ton und in amerikanisch synchronisierter Fassung.
Verleih: Rapid Eye Movies (Deutschland)

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