Shinrin-yoku – Heilsame Waldbäder

Die wissenschaftlich belegten Vorzüge von Waldaufenthalten

Shinrin-yoku – Heilsame Waldbäder

Klar: Ein heißes Bad einlassen und bis zur Nasenspitze in die Wärme eintauchen hilt, den Alltag zu vergessen. Auch ein Spaziergang, bei dem man dem Rauschen des Winds in den Baumspitzen und dem Zwitschern der Vögel zuhört, kann erfrischend sein. Findet man auch in Japan, wo das Lustwandeln im Gehölz unter dem Namen shinrin-yoku ein Teil des Nationalen Gesundheitsprogramms ist. Dem Aufenthalt zwischen Bäumen wird dabei eine gesundheitsförderliche Wirkung auf den Menschen nachgesagt. Dass das Ganze nicht nur subjektiv gut tut, wurde auch in wissenschaftlichen Studien belegt.

Der Begründer der Waldtherapie shinrin-yoku (森林浴) heißt  Qing Li. Der Assistenzprofessor am Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Medizinhochschule Nippon stellte 1982 die These auf , dass nicht nur die Ruhe und Schönheit des Waldes gut für Körper und Seele sind, sondern auch Phytonzide, Terpene und andere bioaktive Substanzen. Diese von Pflanzen abgesonderten Stoffe sollen in Wechselwirkung mit dem Menschen die Produktion von Lymphozyten anregen, den körpereigenen „Killerzellen“ im Immunsystem. Die Idee fand Anklang. Auch bei Beamten des Forstministeriums, die mit Verweis auf shinrin-yoku ausgedehnte Waldaufenthalte empfahlen. Da die Bewunderung der Natur zum Selbstzweck in Japan sowieso eine lange Tradition genießt – zum Beispiel beim hanami, dem massenhaften Picknick zur Kirschblüte – wurde die Empfehlung begeistert aufgenommen. Schließlich ist die medizinische oder psychotherapeutische Selbstbehandlung einfach und ohne große körperliche Anstrengung anzuwenden.

Warum heilsam?

Doch warum ist das so? Zwischen 2004 und 2012 investierten japanische Behörden gut 3,5 Mio Euro in die Erforschung der pysiologischen und psychologischen Effekte des shinrin-yoku. Dr. Li bestimmte zum Beispiel die Konzentration von Lymphozyten im Immunsystem vor und nach einem ausgedehnten Waldaufenthalt. In einer Studie aus dem Jahr 2009 belegte Dr. Li, dass die Phytonzide der Bäume bei den Probanden zu einem signifikanten Anstieg und einer Aktivitätssteigerung der Lymphozyten  führte. Dieser Effekt hielt bis zu einem Monat nach dem Waldbesuch an. Das Inhalieren von frischer, sauerstoffreicher Waldluft und den hierin gelösten Phytonziden ermöglichte eine messbare Stärkung des Immunsystems gegen Virusinfektionen und Krebserkrankungen. Für letzteres konnte Quing Li die Bildung von drei verschiedenen Anti-Krebs-Proteinen nachweisen.

Foto eines japanischen Walds
Entspannt schon beim Ansehen: Japanischer Mischwald mit Bambus, Farn, Laub- und Nadelbäumen. Bild: Bigstock/ Grisha Bruev

Phyton… was?

Phytonzide sind in Nadel- und Laubbäumen als sogenannte Alpha-Pinene und Isoprene enthalten. Sie werden dort als Abwehrstoffe gegen Mikroorganismen wie Bakterien und Protozoen gebildet. Diese Stoffe werden von den Wurzeln oder oberen Pflanzenteilen flüssig oder gasförmig ausgeschieden. Chemisch betrachtet sind die antbakteriellen, flüchtigen Ausdünstungen verwandt mit etherischen Ölen. Für ein kurzes Gespräch im Aufzug grob vereinfacht ausgedrückt: Phytonzide sind pflanzlich gebildete Antibiotika.

Staatlich anerkannter Erholungswald

Der Akazawa Natural Recreation Forest in Agematsu (Präfektur Nagano) gilt bereits seit 1982 als heilsam – seit 2006 ist er offiziell als „Wald-Therapie-Zentrum“ anerkannt. Die dort angebotenen Therapien bestehen aus Waldspaziergängen, Anwendungen und auch geführten Wanderungen – schließlich soll sich auch das Gehirn des Naturbesuchers fit bleiben.

Ob man nun an die heilsame Wirkung eines Waldbads glauben oder es doch eher als Esoterik-Mumpitz abtun möchte: Eine Pause von Stadt und Schreibtisch kann alleine schon wegen der Entschleunigung und der Ruhe der Natur nicht schaden.

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